Vom Online-Voting bis zum Spaziergang

Stadt will den „Masterplan Grün“ gemeinsam mit den Bürgern erarbeiten
(LVZ vom 22.02.2019)

Der „Frühling“ im Abtnaundorfer Park – hier ein Leserfoto von Hansjürgen Gerstner.
Um Grün in Leipzig zu erhalten und zu erweitern, wird nun ein Masterplan gemeinsam mit Bürgern erarbeitet.
Quelle: LVZ

Bäume und Wiesen kühlen die Stadt, sorgen für Frischluft und Naherholung. Gleichzeitig reduzieren sie Lärm, fördern die Gesundheit und beruhigen den Verkehr. Doch Leipzig wächst, das städtische Bauen verdrängt Grün. Die Stadt will daher die grüne und blaue Infrastruktur sichern und entwickeln. Doch wie? Ein Masterplan Grün, den der Stadtrat möglichst Ende 2020 beschließen soll, wird nun von der Analysephase bis zum finalen Konzeptentwurf gemeinsam mit den Leipzigern entwickelt. Und Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) verspricht, dass der öffentliche Beteiligungsprozess keineswegs als Alibi dienen soll. Auch wenn etliche Leipziger bei den Erfahrungen in Workshops, wie jüngst zur Öffnung des Pleißemühlgrabens, dabei wohl etwas skeptisch sind.

„Wir müssen permanent kämpfen, dass es für öffentliches Grün Geld und Entwicklungsperspektiven gibt“, sagt Rosenthal und meint, dass eine engagierte Bürgerschaft der Umweltverwaltung dabei den Rücken stärken kann. Konfliktfrei wird das alles nicht verlaufen, schließlich müssten verschiedene Interessen in Einklang gebracht werden – die Debatte um Straßenbäume, für die Parkbuchten verschwinden, ist ein Beispiel dafür. Aber selbst im Stadtrat beschlossene Initiativen haben es schwer: Tausend Bäume müssen laut Luftreinhalteplan jährlich neu gepflanzt werden. In den vergangenen Jahren wurde dieses Ziel allerdings nicht eingehalten.

Stadt will Flächen zum Erhalt des Stadtgrüns kaufen

Die Stadt braucht bekanntlich viele neue Wohnungen, Schulen und Kitas. Eine Flächenkonkurrenz bleibt da nicht aus. Rosenthal: „Wenn wir öffentlichen Raum für die Bebauung bereitstellen, müssen wir Argumente haben. Gleichzeitig muss ich aber auch deutlich das Stopp-Schild hochhalten können, wenn Flächen für das Stadtgrün unverzichtbar sind.“ Der zu erarbeitende Masterplan sehe auch vor, Flächen zu identifizieren, die die Stadt zum Erhalt des Stadtgrüns kauft. Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass Leipziger Parks zugunsten von Wohnflächen weichen müssen. Kleingärten und Urban Gardening will die Stadt eher ausweiten. Mehr als 1200 Hektar Fläche in der Messestadt machen allein die Schrebergärten derzeit aus. Dabei spricht Rosenthal bei Grün und Blau bewusst von Infrastruktur, weil Park und Wiesen ebenso wie die Seen und Flüsse wichtig für die urbane Lebensqualität sind.

Bei der Erarbeitung des Masterplans Grün wird es mehr als ein Dutzend unterschiedlichster Beteiligungsformate von der Online-Befragung über Bürgerforen, Werkstätten, grünen Laboren bis hin zu Spaziergängen geben.

„Wir beschäftigen uns seit Anfang diesen Jahres mit der Analyse, das heißt mit der Frage, was leistet die grün-blaue Infrastruktur heute, aber auch wo besitzt sie weitere Potenziale und wo ist sie möglicherweise gefährdet“, erklärt Rüdiger Dittmar, der Leiter des Amtes für Stadtgrün und Gewässer. Schon dabei können sich Interessierte bei einer Online-Befragung einbringen, die gestern gestartet ist.

Erstes Stimmungsbild wird bei Bürgerforum in Stadtbibliothek erfragt

Gefragt wird beispielsweise, was den Leipzigern wichtig ist, wie sie Stadtgrün und Gewässer nutzen, was sie stört, aber auch wo sich ihre Lieblingsorte befinden. Die Umfrage ist anonym, läuft bis 31. Mai.

Ein erstes Stimmungsbild wird in das erste Bürgerforum einfließen. Das ist für den 10. April, 18 bis 20.30 Uhr, Oberlichtsaal der Stadtbibliothek, Wilhelm-Leuschner-Platz 10/11, geplant. Wie die Werkstätten und grünen Labore ablaufen, wird sich zeigen. Dabei können auch Vorschläge gemacht werden. Wichtig sind die vor allem auf Quartiersebene, da die Anwohner ihre Nachbarschaft am besten kennen. Öffentliche Spaziergänge unter dem Motto „GrünGang“ werden ebenfalls angeboten, um den Blick auf das Leipziger Grün zu schärfen. Später soll es weitere Befragungen geben.

Rosenthal plant, den Masterplan dem Stadtrat 2020 vorzulegen – schließlich sollen erste Maßnahmen im nächsten Doppelhaushalt 2021/22 verankert sein. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) fördert die Erarbeitung des Masterplans und übernimmt 50 Prozent der Kosten (158 000 Euro). Dabei wird die Freiraum-Strategie „Lebendig grüne Stadt am Wasser“ im Masterplan konkretisiert. „Seine Leitthemen sind Klima, Gesundheit, Biodiversität, Mobilität und Umweltgerechtigkeit“, so Dittmer.

Mathias Orbeck

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 22.02.2019