Jedes Jahr sterben 1.000 Bäume, Stadt setzt auf neue Arten

Trockenheit, Schädlinge – auch Leipzigs Straßenbäume leiden. Rund tausend Stück starben jeweils in den vergangenen beiden Jahren. Mit einem engagierten Pflanzprogramm hält die Stadt dagegen, setzt langfristig auf mehr klimatolerante Gehölze. (LVZ vom 25.04.2020)

Straßenbäume der Zukunft? An der Lützner Straße testet Leipzig den Einsatz von Grüneschen, die als toleranter gegen Krankheiten gelten. Quelle: Jörg ter Vehn

Rund 60.000 Straßenbäume stehen in Leipzig. „Normalerweise ist etwa ein Prozent davon pro Jahr zu ersetzen“, erklärt Rüdiger Dittmar vom Amt für Stadtgrün und Gewässer (ASG). „Aber in den beiden letzten außergewöhnlich trockenen Jahren waren es jeweils tausend Stück“, sagt er.Schon gibt es erste Forderungen nach einem neuen städtischen Bewässerungskonzept. Der bündnisgrüne Stadtrat Jürgen Kasek etwa verlangt, die Stadt möge dafür mehr Regenwasser sammeln.

Keine guten Nachrichten ausgerechnet zum heutigen „Tag des Baumes“: Geschwächt von Jahren der Dürre und damit auch von Krankheiten sterben nicht nur im Auwald Ahorne, Eschen und Ulmen. Auch in Leipzigs Straßenbild fallen immer mehr Bäume aus. Dabei sollen es nach dem Willen der Stadträte eher mehr werden. Neben dem Ausgleich der Abgänge sei geplant, den Bestand zu erweitern, sagt Dittmar. Dies werde derzeit planerisch vorbereitet, „damit das Ziel von jährlich 1000 zusätzlichen Straßenbäumen ab 2021 erreicht werden kann“, so der Amtsleiter.

Straßenbaumarten werden getestet

Dürre, Krankheiten, Schadstoffe – der Baumbestand müsse mit vielen Problemen klarkommen. Die Stadt setze bei den Neupflanzungen auf Sorten und Arten aus der Empfehlungsliste des Arbeitskreises Stadtbäume der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK). Seit 1976 gibt es diese ständig durch neue Tests aktualisierte Liste (www.galk.de), die den versammelten Erfahrungsschatz aller deutschen Grünämter beinhaltet – auch Leipzig forscht daran langfristig mit. So wurden 2017 an vier Stellen entlang der Lützner Straße verschiedene Arten gepflanzt, unter anderem „die gegen das Eschentriebsterben tolerante Grünesche“, so Dittmar. Die Ergebnisse sollen in die Empfehlungsliste einfließen.

Gesucht: Arten, die was aushalten

Leipzig orientiere sich bei der Pflanzauswahl überwiegend an Empfehlungen für klimatolerante Gehölze, „also kälte-, trockenheitstolerante und strahlungsverträgliche Gehölze“, erklärt der Amtsleiter. Eingesetzt würden Dreispitz-Ahorn, Feldahorn, Spaeths-Erle, Hopfenbuche, Tulpenbaum, Französischer Ahorn, Grünesche, Amberbaum, verschiedene Eichenarten und Silberlinden.

Etliche der Arten kommen ursprünglich eher aus dem Mittelmeerraum, etwa die Hopfenbuche. Der Dreispitz-Ahorn ist in Asien beheimatet, der Tulpenbaum stammt eher aus Nordamerika, wie die Grünesche. Die wird seit dem vorigen Jahrhundert bereits in Auenwäldern an der Elbe gepflanzt.


Baumpfleger sind unterwegs

Wegen der Schäden durch die lange Trockenheit werden aktuell im Friedenspark, am Balzacplatz und im Wilhelm- Külz-Park Bäume geschnitten oder gefällt. „Für Ende Mai sind Arbeiten im Park Miltitz und im Park Dösen geplant“, kündigte die Stadt an. Mitarbeiter seien zudem in den Grünanlagen unterwegs, um die Standsicherheit der Bäume zu prüfen.

Die extreme Trockenheit in den tiefliegenden Bodenschichten von 0,5 bis 1,8 Metern habe die Bäume geschwächt und erleichtere den Befall mit Krankheiten und Schaderregern. Auch viele Altbäume seien betroffen. Im Mariannenpark, auf dem Südfriedhof und dem alten Johannisfriedhof, der Lenné-Anlage, im Clara-Zetkin-Park und im Rosental seien deshalb bereits Bäume gefällt worden, so die Stadt.

Einzelbäume und gestaltbildende Baumgruppen würden ab November sukzessive nachgepflanzt, in waldartigen Bereichen sei dies aber nicht immer möglich, hieß es.

Wegen der Dürre der letzten Jahre sei davon auszugehen, „dass weiterhin Bäume in erheblichem Umfang absterben“, erklärte die Stadt.



Duften und bezaubern

Für Dittmar sind Straßenbäume Multitalente. Frischluftspender, Stadtbildgestalter, Staubfilter und Klimaanlage zugleich. Manche haben auch spektakuläre Blüten – wie der Tulpenbaum, „ein typischer Parkbaum“, sagt Dittmar.

Der Amberbaum ist für seine bezaubernde Herbstfärbung in Rot bekannt, die Blumen-Eschen, die bereits in der Kochstraße gepflanzt wurden, duften zudem. Die Kosten pro Baum sind entsprechend sehr unterschiedlich. Pro Pflanzung würden zwischen 1700 und 7000 Euro benötigt, „abhängig vom Grad der begleitenden Leistungen“, erläutert Dittmar. Baumscheibenausbau, verkehrsrechtliche Auflagen, Planungsaufwand, Material, Lohnentwicklung, Maut- und Energiekosten seien zum Beispiel zu berücksichtigen. In den Kosten seien allerdings die Pflegeaufwendungen für zwei Jahre inbegriffen.


Jörg ter Vehn

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 25.04.2020