Mal gewichtig, mal leicht: Viel Zwischenapplaus für „Ein Knastical“ im Theatrium
(LVZ vom 08.05.2019)
Es spielt im Gefängnis und es ist ein Musical: Scharen von Zuschauern drängten sich jetzt im Grünauer Theatrium, um die Premiere des neuesten Jugendtheaterprojekts mitzuerleben. „Ein Knastical“ heißt das mit Spannung erwartete Stück.
Die eitle Anstaltsleiterin, die sich nicht einmal die Namen aller Angestellten merken kann, macht den Insassen weniger zu schaffen als eine scharfe Aufseherin, die sich besonders fies gegenüber denen verhält, die sie nicht leiden kann. Um die seelischen Folgen für die Häftlinge kümmert sich dann der Psychologe, eine unerschütterliche Frohnatur, und auch eine sanftmütige Aufseherin gibt es, die ganz auf der Seite der Gegängelten steht.
Die Knastbrüder und -schwestern, alle sehr überzeugend mit Esprit und Engagement gespielt, sind eine gemischte Horde, die einen aggressiv, die anderen friedfertig. Da passiert immer mal eine üble Anmache auf Kosten der Schwächeren. Gegen das Mobbing entwickeln ein paar von ihnen die gute Idee, dass der, der singt oder tanzt, nicht angegriffen werden darf. Der Knast als Vorzeigegefängnis, das gefällt sogar der Chefin.
Mit diesem Aufhänger setzt auch gleich die Musik ein, die fortan die Geschichte weiterträgt. Michael Plewinski hat sie eigens für dieses von Katja Fischer flott inszenierte Musical komponiert. Die staunenswerte Choreografie, die alle zehn Häftlinge tanzend auf dem Gefängnishof vereint, stammt von Mona Schubert. Natürlich tanzen sie ganz cool mit dem, was sie gerade in den Händen halten – beim Wäschewaschen die Laken, beim Fegen die Besen, mit denen sich auch wunderbar der Rhythmus klopfen lässt. Inspiriert scheinen die Bewegungsabläufe von modernem Ausdruckstanz, asiatischer Kampfkunst und Breakdance. Die fast professionelle Körperbeherrschung
ringt den Zuschauern große Bewunderung ab, zurecht gibt es viel Zwischenapplaus.
Der Mikrokosmos des Gefängnisses führt stellvertretend für die große Welt ein Kaleidoskop menschlicher Wesen vor, es geht um Macht und Selbstbestimmung und die Regeln des Zusammenlebens. Zum Schluss gibt jeder einzelne Häftling so etwas wie ein Statement ab, wie er sich
die Zukunft vorstellt, der eine düster, der andere hoffnungsvoll. Ein stimmiges Ende.
Das Ganze kommt hinreichend gewichtig, aber auch genregemäß locker daher, was sich wiederum wunderbar in das Motto des umtriebigen Theatriums fügt, das in den Schaufenstern öffentlich
aushängt. Da kann man nämlich lesen: Theatrium steht für Talentförderung, Hoffnung, Energie, Antrieb, Trost, Rückhalt, Interesse, Unvergesslich und Miteinander.Das stimmt alles.
Juliane Lochner
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 08.05.2019