Hunger, Humor und ein feuriger Abgang

Gelungene Adaption von „Hänsel und Gretel“ im Theatrium (LVZ vom 05.12.2019)

Weihnachtsmarchen am Theatrium: Christin Stützer (links) und Katja Fisher als Hänsel und Gretel.
Foto: Constanze Burger

Spannung muss sich steigern! Mit „Hänsel und Gretel“ steht als diesjähriges Wintermärchen im Theatrium ein echter und allbekannter Klassiker auf dem Programm. Wie man einen solchen kurzweilig aufbereitet, zeigt seit dem vergangenen Sonntag die Grünauer Bühne mit ihrer Adaption des Grimmschen Märchenstoffes. Regie führte Kathrin Großmann.
Es dauert eine Weile, bis Hänsel und Gretel nach langem Herumirren im Wald auf diese Lichtung stolpern, zum Pfefferkuchenhaus, das ihnen wie die Erfüllung all ihrer Hungerträume erscheint. Denn vor dem Vorhang, nah am Publikum, beginnt das Irren der Zwei.
Und öffnet sich irgendwann der erste Vorhang, erscheint erst einmal ein zweiter – als liefe man verirrt im Kreis. Bis sich auch diese schwebende Wand öffnet und den Blick frei gibt ins Hexenhaus – und auf den unheimlichen Verschlag daneben (Bühne: Tobias Stolle, Lars Laskowski, Konstantin Wendt).
„Der Käfig! Oh, oh!“ entfährt es auch glatt einem kleinen Zuschauer. Denn so funktioniert das, wenn man Allbekanntes clever aufbereitet, also mit den Erwartungen spielt, die das Publikum hat. Wenn man es mit kleinen Variablen eines frischen Blicks überrascht, der nicht nur die Spannung steigert, sondern auch Wiedererkennungseffekte hübsch leuchten lässt.
Der Rest liegt in den Händen von Christin Stützer und Katja Fischer als Titelheld und -heldin. Und an Georg Herberger in einer Dreifachausführung als garstige Stiefmutter, freundlichem, aber auch unheimlichem Sandmann – und als perfide, eiskalte Knusperhexe. Handlung und Regie bescheren dieser einen feurigen Abgang als Scream Queen.
Man weiß ja um das grausige Finale dieses im Kern auch grausigen Märchens, das in seiner Struktur Züge eines Hungerdeliriums trägt. Eine Erfahrungsgrundierung, die Großmann dezent in ihre Inszenierung eingeflochten hat. Doch auch, wenn es in der immer wieder heißt „Hunger lächelt nicht!“, bleibt Humor nicht außen vor.
Der bietet sich auch durchaus an. Gerade für Hexe Herberger, der Sätze wie „Ach, was hab ich Kinder zum Fressen gern, diese leckeren Teufelsbrätchen“ auskostet. Und auch für Stützer und Fischer, die als Geschwister ganz dicke Tinte sind – sieht man mal von der bei beiden unterschiedlich ausgeprägten Lust aufs Tanzen ab.
Dass die einstündige Inszenierung zum Ende etwas hoppla-hopp zum Showdown rast, mag man bedauern, weil sie ihren Rhythmus wie auch den Spannungsaufbau sonst gut zu halten weiß. Aber sei es drum. „Hänsel und Gretel“ bietet kleine, feine Unterhaltung. Donuts inklusive. Und natürlich, liebe Kinder, nimmt man derlei Leckerei nicht von Fremden an – schon gar nicht im dunklen Wald!


Nächste Aufführungen und weitere Infos: www.theatrium-leipzig.de
Kartentelefon: 0341/9413640


Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 05.12.2019