Aus Fehlern gelernt: Re-Premiere von Amoklauf-Stück im Theatrium verspricht intimer zu werden
(LVZ vom 12.09.2018)
Gescheitert nun ist „Koma“ mitnichten. Und vielleicht liegt auch darin ein Grund für besagten Wellengang. Denn wäre Großmanns Inszenierung schlicht missraten, hätte jener entscheidende Umstand, ob dem „Koma“ sich selbst in schon komatöser Schieflage auf eine inhaltliche Sandbank manövrierte, nicht jene Prägnanz bekommen. Es wäre dann halt einfach ein schlechtes Stück gewesen. Aber weil „Koma“ genau das eben nicht ist, konturierte sich der Lapsus, der Fauxpas, der Fehler innerhalb des Stücks umso klarer. Und schmerzhafter auch.
Denn wie nur konnte das passieren, dass gerade hier, in diesem Stück, in dieser Spielstätte und unter Leitung einer erfahrenen Theatermacherin, das suggestiv-spekulative Gegrummel der Verschwörungstheorie Einzug hielt? Dass man sich auf einem gerade auch dem Theatrium politisch-inhaltlich denkbar fernstehenden Autor einschlägiger und gern auch grotesker Exegesen, für Teilaspekte der dramaturgisch-argumentativen Untermauerung der Inszenierung berief? Und wie geht man dann um, mit dem Wellengang, den das ja nicht zu Unrecht hervorrief?
Die erste Frage lässt sich relativ schnell beantworten: „Ein Probenendprozess mit Krankheiten, Ausfällen, Umbesetzungen“, sagt Kathrin Großmann im Gespräch: „Und mein daraus folgender Tunnelblick auf ein Durch-Durch-Durch, auch trotz eines Unbehagens, das ich gegenüber diesem Aspekt des Stückes immer wieder verspürte.“
Sie habe das verdrängt, sagt Großmann und fügt schnell hinzu, das solle nichts entschuldigen, nur erklären. Was gut zu dem passt, wie das Theatrium nach der Premiere von „Koma“ insgesamt mit einer Situation umging, ob der aus einer teilweise konsternierten Zuschauer- und Elternschaft die fraglos berechtigten kritischen Fragen kamen.
Und von einem geringeren Teil auch harsche Vorwürfe: „Ja, es gab auch Angriffe, die waren schon sehr in eine Diffamierungspolemik verliebt“, konstatiert Großmann. Man unterstellte Propaganda und die Instrumentalisierung der beteiligten Jugendlichen im Sinne dieser Propaganda. Und so ruhig das Großmann inzwischen schildert, bleiben die Emotionen spürbar: „Das war schon hart. Aber auch deshalb stand für mich nie zur Debatte, diesen Fehler nicht zu korrigieren.“
Allein, weil es darum ginge, die Jugendlichen aufzufangen. So gab es dann ein großes Nachgespräch im Theatrium-Team zur Inszenierung: „Ich musste auch da viel einstecken, aber gerechtfertigt“, erzählt Großmann: „Denn der Tenor war natürlich kritisch, aber eben nicht diffamierend. Und das gilt auch für die Gespräche mit dem Gros der Eltern.“
Dass „Koma“ nochmal in einer überarbeiteten Fassung auf die Bühne kommen solle, war schnell Konsens. Vor allem mit den beteiligten Jugendlichen. Ziel: Das Stück so hinbekommen, dass es keine „Angstfläche mehr gibt“. Das Kritische bewahren, das Spekulative beseitigen. Und: Noch mehr auf die Figuren konzentrieren. Auf die Kids, die mit einem Trauma zurechtkommen müssen.
Genau dort lag ja auch schon die Stärke von Großmanns „alter“ „Koma“-Inszenierung. Für die am Freitag anstehende Re-Premiere verspricht sie ein Stück, das „intimer, geschlossener“ ist. Also die alten Stärken verstärkt. Und wie ist die Stimmung an Bord nach all dem Wellengang? Wie laufen die Proben?
Großmann: „Zwei Spielerinnen sind leider nicht mehr dabei. Wir anderen elf sind sehr konzentriert, was Stoff und Stück angeht. Und humorvoll bezüglich des Restes. Humor schweißt ja zusammen und dass diese elf Leute mir weiterhin ihr Vertrauen geben, ist ein gutes Gefühl. Wir alle wissen, was wir mit dieser Veränderung geschafft haben.“
Steffen Georgi
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 12.09.2018
„Koma“, Freitag, 20 Uhr, Theatrium, Alte Salzstraße 59
Karten für 8/5 Euro gibt es unter 0341 9413640.