„Verliebt im Zauberwald“

Alte Geschichte mit neuen Esprit:
Ideenreiches „Väterchen Frost“ im Theatrium

LVZ vom 25.11.2013:


Eine altersweise Männerstimme raunt die magische Formel, die viele Kindergeschichten zum Leben erweckt, sanft in den dunklen Bühnenraum des Theatriums hinein: „Es war einmal.“ Und als wäre damit ein Tor zu einer anderen Welt aufgestoßen, entfaltet sich der zauberhafte und verwunschene Wald des „Väterchen Frost“ vor den Augen der Zuschauer.
Im Zeichen des populären Märchenfilms „Abenteuer im Zauberwald“, der im Jahr 1964 erschien, inszeniert Regisseurin Sandra von Holn den Stoff zwar klassisch, aber pfiffig, was am Samstag im Grünauer Kinder- und Jugendtheater für einen langen Premieren-Applaus sorgte.
Vier Schauspieler, darunter von Holn selbst, schlüpfen im Laufe des Stücks in mehr als zwanzig verschiedene Rollen und begleiten die Liebesgeschichte von Nastjenka, einem bescheidenen und fleißigen Mädchen, und Iwan, dem selbstverliebten Narzissten. Trotz ihrer so gegensätzlichen Wesen verlieben sich die beiden ineinander, doch bevor sie zusammen sein können, müssen sie noch allerhand Prüfungen bestehen.
So wird Nastjenka, souverän gespielt von Anne Rab, von ihrer bösen Stiefmutter vertrieben und findet sich mutterseelen­allein im bitterkalten Winterwald wieder. Der arrogante Iwan hingegen wird für seinen stetigen Egoismus bestraft und in einen Bären verwandelt.
Von Holn gelingt es mit viel Witz und Ironie, die Geschichte des „Väterchen Frost“ zu beleben. Dabei bedient sie sich zum Beispiel deutscher Ohrwürmer, um die Selbstsucht Iwans, brillant verkörpert von Falko Köpp, spöttisch zu unterstreichen. Zu Sätzen wie „Weil ich mich liebe, noch immer und mehr“ oder „Ich kenne nichts, was so schön ist wie ich“ begutachtet er sein smartes Gewinnerlächeln. Als kreativ erweist sich auch die Idee, das Haus der Hexe Baba Jaga auf zwei Hochstelzen daherkommen zu lassen. Leider mutet der eine oder andere Gag aber auch etwas erzwungen an. So findet zum Beispiel selbst der Dirty-Dancing-Slogan „Ich habe eine Wassermelone getragen“ noch seinen Platz.
Während die Stärke der ersten Szenen genau darin liegt, die Bilder lange stehen zu lassen und dadurch die Interaktion mit dem Publikum zu ermöglichen, spurtet das Stück auf das Ende zu, so dass die Erzählung in den letzten Zügen leicht an Spannung verliert. Mit einem Zwinkern entlässt von Holns Inszenierung „Väterchen Frost“ die amüsierten Zuschauer, jedoch ohne den versöhnlichen Märchenschluss: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“

Melanie Schröder


„Väterchen Frost“, für Kinder ab vier Jahren
Theatrium (Alte Salzstraße 59), Tel. 0341/9413640
Karten für 7,00 Euro / 4,50 Euro für Samstag, 30. November (16 Uhr) sowie Freitag, 6. Dezember (14 Uhr);
alle anderen Vorstellungen sind ausverkauft.


Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 25.11.2013