„Ständig müde und abgeschlagen“

Ärzte der Robert-Koch-Klinik suchen im Schlaflabor nach der Ursache – LVZ-Beilage vom 18.06.2015:

Mehrmals in der Nacht setzt der Atem aus. Jedes Mal aufs Neue löst das Hirn Alarm aus und zwingt den Körper, weiterzuatmen. Das macht nicht nur am nächsten Tag extrem müde. Durch die Ausschüttung von Stresshormonen erhöht sich auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deutschlandweit sind etwa drei Millionen Menschen vom sogenannten Schlafapnoe-Syndrom betroffen.


Um festzustellen, ob Betroffene an einem Schlafapnoe-Syndrom leiden, müssen Patienten eine Nacht im Schlaflabor übernachten. Dort werden sie verkabelt und jede Augenbewegung, jedes Schnarchen, aber auch jeder Atemaussetzer wird aufgezeichnet.


Gesunde Menschen atmen beim Schlafen durch die Nase ein – Luft strömt durch den Schlund in die Lunge. Dieser Kanal wird durch Muskeln im Mund- und Rachenraum offen gehalten. „Ist der Muskelzug zu schwach, fällt die Zunge auf die Hinterwand des Rachens“, erklärt Dr. Thomas Köhnlein, Chefarzt der Robert-Koch-Klinik (Pneumologie) in Grünau. „Der schmale Durchgang wird dadurch luftdicht verschlossen. Der Patient versucht mit Bauch- und Brustatmung zwar noch Luft zu holen, aber es kommt nichts durch“. Das Atemzentrum im Gehirn toleriert diesen Zustand eine Zeit lang, bis es die nötigen Alarmsignale aussendet. Dadurch tonisiert sich die Muskulatur wieder, der Schlund wird wieder frei und der Patient atmet durchgehend. „Das funktioniert extrem zuverlässig – die Gefahr zu ersticken gibt es nicht.“ Die Patienten merken von diesen Aussetzern meist nichts. „Was sie feststellen, ist die Müdigkeit. Durch die vielen Unterbrechungen in der Nacht sind sie schläfrig am Tag, vermindert leistungsfähig und können sich schlecht konzentrieren.“

Kritisch wird es für die Patienten, wenn mehr als 15 Atemaussetzer pro Stunde auftreten. Auf sechs Stunden pro Nacht gerechnet, sind das 90 einzelne Atemaussetzer und 30 bis 60 atemlose Minuten. „Auf Dauer ruinieren Patienten sich damit“, so Köhnlein. Denn mit jeder Weckreaktion, die das Hirn aussendet, werden Stresshormone ausgeschüttet. Betroffene haben so ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder Herzrhythmusstörungen. „Vereinfacht gesagt, kann Schlafapnoe unbehandelt etwa acht bis zehn Jahre Lebenszeit kosten“, warnt Köhnlein.

Oft dauert es mehrere Jahre, bis den Betroffenen geholfen wird. Um einen Verdacht zu erhärten, müssen Pneumologen oder HNO-Fachärzte zunächst eine Voruntersuchung einleiten. Diese findet mithilfe eines tragbaren Gerätes zu Hause statt. Geben die Ergebnisse Hinweise auf eine Schlafapnoe, wird eine weitergehende Analyse im Schlaflabor angeordnet. „Anhand dieser Ergebnisse leiten wir die entsprechende Therapie ein.“

Es gibt verschiedene Therapieformen – zum Beispiel eine Schiene, die den Unterkiefer nach vorne schiebt. „Diese Variante ist unbeliebt bei Patienten und reduziert die Atemaussetzer nur um die Hälfte.“ Bei der Zungenschrittmachertherapie wird ein kleines Gerät implantiert. Sobald der Patient nicht atmet, sendet es Impulse über eine Elektrode in die Zungenmuskulatur. Die Zunge bewegt sich nach vorn, die Atemwege bleiben frei. Doch auch diese Variante bewirkt nur teilweise eine Besserung, betont Köhnlein: „Von 50 Aussetzern hat man danach vielleicht noch 30.“

Die besten Erfolge zeigt die Maskentherapie. „Dabei wird mit einem leichten Überdruck Luft in den Nasen- und
Rachenraumgeblasen und die Atemwege bleiben offen.“ Auf diesem Weg lassen sich Atempausen komplettbeseitigen. „Die Patienten spüren meist schon nach der ersten Nacht hier im Schlaflabor eine Verbesserung. Und von 100 Patienten benutzen nach einem Jahr noch 75 das System.“

Einer von Köhnleins Patienten ist Torsten Schmidt: „Ich bin früh munter geworden und habe mich gefühlt, als hätte ich gar nicht geschlafen“, erzählt der 45-Jährige. Der Markranstädter konnte sich selbst nicht erklären, was die Ursache für seine Müdigkeit ist. Über den Hausarzt kam er zum Pneumologen und über diesen ins Schlaflabor. Inzwischen hat er die erste Nacht mit Maske geschlafen und ist zufrieden: „Das Gerät hört man so gut wie gar nicht. Und morgens fühlte ich mich nicht so erschlagen.“ Regelmäßig kontrolliert nun der Pneumologe Schmidts Atemaussetzer. Denn die Maskentherapie ist eine dauerhafte Therapie. Die einzige Chance, irgendwann ohne sie auszukommen, besteht darin, abzunehmen. Denn fast immer ist das Syndrom mit Übergewicht assoziiert. „Doch gerade das fällt Schlafapnoikern schwer“, sagt Dr. Thomas Köhnlein.


Kurz & bündig:

Das Leistungsspektrum der Robert-Koch-Klinik in der Nikolai-Rumjanzew-Straße 100 in Grünau umfasst die gesamte Diagnostik und Therapie von gut- und bösartigen Erkrankungen der Lunge. Darüber hinaus werden alle Krankheiten der Pleura (Brustfell) und der Atemwege behandelt. Zusätzlich erfolgt die Beurteilung und Behandlung von berufsbedingten Erkrankungen.

Behandlungsschwerpunkte sind die Diagnostik und Therapie spezifischer (zum Beispiel Tuberkulose) sowie unspezifischer entzündlicher und nichtentzündlicher Lungenerkrankungen, Malignome des Thorax, immunologische Erkrankungen (zum Beispiel Allergien), schlafbezogene Atmungsstörungen und die gesamte Beatmungsmedizin.

Zur Klinik gehört eine Normalstation mit 60 Betten, eine Intensiv- und eine Intermediate-Care-Station, sowie ein Schlaflabor. Acht speziell ausgestattete Behandlungsplätze stehen dort zur Verfügung, um Schlafstörungen und schlafbezogene Erkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln.

Die Robert-Koch-Klinik ist pneumologisches Zentrum des Regierungsbezirks Leipzig im Freistaat Sachsen. In Grünau gibt es eine Internistische Notaufnahme, die rund um die Uhr im Einsatz ist.


Quelle: Leipziger Volkszeitung (Beilage) vom 18.06.2015