„Stadtjugendring sieht noch mehr Baustellen“


Kritik an Vorstoß von Vize-Amtsleiterin
Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 10.11.2014:

Die Leipziger Jugendhilfe vor dem Kollaps? Nicht nur Grünauer Sozialarbeiter registrieren eine Zunahme von Problemkindern und halten die gegenwärtigen Systeme für wenig tauglich, Schulbummelei, Gewaltbereitschaft, Selbstverletzungen, Essstörungen oder andere psychische Auffälligkeiten unter jungen Leuten einzudämmen (die LVZ berichtete). Das sieht auch der Stadtjugendring Leipzig so. Er fordert sichere Strukturen für die präventive Jugendarbeit.
Zugleich wundert sich der Verein über Äußerungen der stellvertretenden Leiterin des städtischen Amtes für Jugend, Familie und Bildung (AJuFaBi), Heike Förster, die gegenüber der LVZ davon gesprochen hatte, Sozialpädagogen aus unterschiedlichen Institutionen der Stadt „müssten sich noch mehr vernetzen, um an einem Problemkind besser dranbleiben zu können“. Derlei Netzwerke würden längst arbeiten, „doch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Freien Träger der Jugendhilfe arbeiten seit Jahren an oder über der Grenze zur Selbstausbeutung“, entgegnet Stadtjugendring-Geschäftsführerin Corinna Graf. Und ehrenamtlich agierende Verbände hätten überhaupt keine personellen Ressourcen, um zusätzliche Netzwerk-Arbeit zu betreiben.
Graf drängen sich andere Fragen auf: „Wie sollen Mitarbeiter, die Jahr um Jahr aufs Neue um ihren Arbeitsplatz bangen müssen, die im Umgang mit schwierigen Jugendlichen notwendige Selbstsicherheit und Motivation ausstrahlen? Wie sollen sie den Kindern und Jugendlichen Perspektiven und Zukunftschancen aufzeigen, wenn sie selbst um ihre eigenen fürchten müssen?“ Optimierungsbedarf bestehe tatsächlich – „zuvorderst zwischen Stadt und Trägern“, findet die Geschäftsführerin. „Die Verwaltung könnte die uralten Förderrichtlinien anpassen, den Trägern das langwierige Berichtswesen erleichtern und mit einer bedarfsgerechten, mehrjährigen Förderung den Mitarbeitern sichere Zukunftsaussichten bieten.“
Dem AJuFaBi stellt Graf kein gutes Zeugnis aus. Es sollte „in einen tatsächlichen, partnerschaftlichen Dialog mit den Freien Trägern treten und diskutieren, welche Strukturen es braucht, um Jugendhilfe unter den veränderten Rahmen­bedingungen in der Zukunft zu ermöglichen“. Und Amtsleiter und Sozialbürgermeister könnten ihren (partei-)politischen Einfluss nutzen, um Jugendarbeit in den Fokus der Landespolitik zu rücken.

Dominic Welters

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 10.11.2014


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