„Rettung aus Höhen und Tiefen“

Vorschulkinder der Kita „Am Kirschberg“ besuchen auf ihrer „Löwentour“ die Feuerwache West
Stadtleben-Artikel vom 08.03.2013:

Die Vorschulkinder der Kita „Am Kirschberg“ gehen ihr letztes Jahr im Kindergarten auf „Löwentour“. Die heimatverbundene und leipzigaffine Erzieherin Regina Hinz hatte vor Jahren beschlossen, ihren Schützlingen die Stadt Leipzig und deren Kultur näher zu bringen. Ob Oper, Nikolaikirche, Vogelschutzlehrstätte oder Rathaus – für die Kinder gibt es immer wieder Neues zu entdecken. In loser Folge stellen wir ausgewählte Stationen vor. Heute: die Feuerwache West.
16 staunende Vorschüler werfen einen Blick in die Umkleide der Feuerwehrleute. „Jeder Kollege hat eine Nummer und einen Spint“, erläutert Oberbrandmeister Thomas Dietz, der heute die kleine Gruppe durch „sein Revier“ führt. Neben den feuerfesten Anzügen haben die Kinder die Helme im Blick. Leonie möchte einen gern mal aufsetzen – und schon hat sie einen auf dem Kopf. „Ganz schön schwer“, sagt die Fünfjährige. Nun ist Mark an der Reihe. „Cool, wie ein echter Feuerwehrmann“, meint der ebenfalls Fünfjährige. Dann dürfen alle testen.
Währenddessen stellt Leonie dem Oberbrandmeister, der seit 1995 im Dienst ist, eine Frage: „Was sind das für orangene Anzüge?“ Dietz lobt: „Gut beobachtet. Diese haben die Höhenretter im Sommer an, die Anzüge sind nicht so dick wie die Kombi im Winter. Die Höhenrettung ist im Einsatz der Feuerwehr integriert. Diese Kameraden tragen auch einen andersfarbigen Helm, der ist dann rot“, erklärt der 47-Jährige. „Wie heißt das Teil, das man beim Helm herunterklappen kann?“, fragt Erzieherin Barbara Krause ihre Schützlinge. Schweigen, doch dann meldet sich Christian. „Das ist das Visier“, gibt der Sechsjährige Antwort.
Dann geht es weiter zu einem Gegenstand, der wohl jeder mit der Feuerwehr verbindet: die Kletterstange. Allerdings ist sie nicht zum Klettern, sondern zum Herunterrutschen da. Und Dietz zeigt es sogleich. Sein Auftritt auf den Boden wird durch einen abgepolsterte Tritt abgefedert. „Toll“ und „Wow“, hallt es durch die Halle. Die Kinder sind beeindruckt wie schnell Dietz am Boden ist. „Es gibt diese Stange hier, die von der ersten Etage herunterführt. Genauso haben wir noch in der zweiten Etage Stangen, die ihrerseits in die erste führen.“
Dann zeigt der Oberbrandmeister den neugierigen Gästen noch die Ausstattungen der verschiedenen Feuerwehrwagen – unter anderem einer mit ausfahrbarer Leiter und einen mit Schlauchboot. Nun soll es weiter in Richtung Ruheraum gehen. Doch da ertönt eine Durchsage: „Gefahrguteinsatz in einer Arztpraxis… Geruch von Ammoniak…“ ist zu hören, dann eine Abfolge von Fahrzeugnamen. Kollegen kommen die Treppe herunter, blicken zu Dietz. Er muss los, denn das Fahrzeug, auf dem er sitzt, soll rausfahren.
Also übernimmt ganz spontan Hauptbrandmeister Jan Kratzer den kleinen Trupp. Er ist unter anderem Höhenretter und seit 1995 im Dienst. Der 44-Jährige zeigt den Vorschülern die Atemschutz-Übungsanlage, die jeder Feuerwehrmann mindestens einmal im Jahr durchlaufen muss, und zwar in kompletter Montur. Neben Belastungstests auf dem Laufband, der Endlosleiter und dem Fahrradergometer müssen die Kameraden eine Käfiglandschaft im Dunkeln und bei 100 Grad Temperatur durchlaufen. „Wie im Einsatz“, erklärt Kratzer. Paul ist mutig, er probiert sich auf der Endlosleiter aus und meistert die Aufgabe mit Bravour.
Dann werfen die Vorschüler einen Blick in die Werkstatt, in die Schlauchwaschanlage und den Sportraum. In letzterem dürfen die Kids sich erst mal austoben. Dann geht es weiter in Kratzers Schlafraum. Die Kameraden schlafen in Schrankbetten. Bei Alarm geht an der Tür das rote Licht an und die Durchsage ertönt. Egal wo und wann, die Kameraden haben nicht viel Zeit, sich fertig zu machen, die Stange hinunter zu rutschen und auf ihr Fahrzeug zu steigen. In der Küche haben die Kinder Zeit sich das Aquarium anzusehen.
Beim Blick auf den Hof sieht Kratzer, dass sein Kollege vom Einsatz noch nicht zurück ist. „Manchmal rücken drei Fahrzeuge aus, dann wieder zehn und manchmal nur eines. Früher sind wir oft zu Wohnungsbränden gerufen worden“, berichtet er. Das sei jetzt weniger geworden, weil es kaum noch Ofenheizungen mehr gibt und auch bei Gestecken mehr Obacht gegeben wird. Besonders empfiehlt er Rauchmelder. „Lieber zehn Euro investieren und dafür sein Leben retten.“ Denn nachts schlafen auch die Geruchsnerven und Betroffene bemerken die gefährlichen Brandgase nicht.
Zum Schluss dürfen die Vorschüler noch Platz in einem Löschfahrzeug nehmen. 2000 Liter Wasser und 200 Liter Schaummittel fasst der Tank des Wagens. Jeder des mit sechs Mann besetzten Fahrzeuges hat seine eigene Aufgabe, die er im Einsatz erfüllt. So arbeiten die Feuerwehrleute Hand in Hand. „Für Außenstehende sieht das immer erst chaotisch aus: Zwei Kameraden rennen in das brennende Haus und zehn davon weg. Aber jeder ist für einen anderen Handgriff zuständig“, so Kratzer. Auf einmal ertönt die Hupe des Fahrzeuges – laut und schrill. Sie besiegelt das Ende des Besuches. Anna, Juliane, Constantin und Co werden noch lange von diesem erlebnisreichen Vormittag schwärmen.

Nannette Hoffmann

Quelle: Kleien Leipziger Volkszeitung (Stadtleben) Süd vom 08.03.2013