Anbieter bessern Pläne für Flüchtlingsheime nach – Diezmannstraße bleibt umstritten – LVZ vom 15.03.2016
Die Abstimmung über den Bau zweier großer Flüchtlingsunterkünfte in Leipzig wurde in der letzten Ratsversammlung kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen (die LVZ berichtete). Offenbar eine richtige Entscheidung, denn inzwischen wurden beide Angebote deutlich nachgebessert – zum gleichen Preis.
Im aktuellen Entwurf für die Diezmannstraße 12 haben die mittlerweile dreistöckigen Häuser bodentiefe Fenster, die sich mit Schiebelamellen abdunkeln lassen.
Am Dienstag (15.03.) wollen sich der Finanz- sowie Baufachausschuss in einer gemeinsamen Sitzung erneut mit den beiden Vorhaben befassen. Mittlerweile hätten die Anbieter Abstand von ihren früheren Plänen genommen, gebrauchte Büromodulbauten einzusetzen, sagte Reinhard Wölpert, Leiter der städtischen Projektgruppe Asylräume, der LVZ. Stattdessen sollten es nun neu errichtete Häuser in Stahlskelettbauweise werden. „Die können sehr lange stehen oder später an anderen Orten weitergenutzt werden.“
Konkret seien auf dem Grundstück Prager Dreieck (gegenüber vom Technischen Rathaus) jetzt lauter Zwei-Zimmer-Wohnungen vorgesehen, die über je eine Küche mit Aufenthaltsbereich und eine Sanitärzelle verfügen. Auf vier Bewohner (bei Familien mit Kindern sind es mehr) entfielen so „insgesamt gut 30 Quadratmeter plus das Bad“. Damit werde einem jahrealten Stadtratsbeschluss entsprochen, laut dem in Leipzig pro Flüchtling 7,5 Quadratmeter zur Verfügung stehen sollen. Bei der Anordnung der Häuser, die ein Ableger der Firma Rossig, Schenk & Partner aus Mylau bei Plauen errichtet und der Stadt für 6,7 Millionen Euro verkauft, gab es ebenfalls noch Änderungen, um eine große Leitung der Wasserwerke nicht verlegen zu müssen. Der Preis und die Kapazität von „mindestens 346 Plätzen“ blieben dennoch konstant, so Wölpert. Allerdings sei auf dem Grundstück damit nicht mehr genug Platz für eine zusätzliche Schule. Im Gegensatz zu der dauerhaften Wohnstätte auf dem Prager Dreieck sei ein Containerdorf mit 300 Plätzen, das bald auf dem nahe gelegenen Barnet-Licht-Platz entsteht, nur als Zwischenlösung für kurze Zeit gedacht.
Noch augenscheinlicher seien die Nachbesserungen beim Angebot der Fides Projekt GmbH aus Ulm, auf einer Brachfläche in der Diezmannstraße 12 ähnliche Häuser für 500 Bewohner zu errichten. Sie sollen nun mit fast durchgängig drei Stockwerken höher sowie etwas schmaler ausfallen, um mehr Freifläche zu gewinnen. Laut Wölpert würden dort jeweils zehn Personen in fünf Zwei-Bett-Zimmern leben. Sie verfügen über einen gemeinsamen Koch- und Aufenthaltsbereich sowie zwei Sanitärzellen. Für nach wie vor den alten Preis von 8,3 Millionen Euro (plus maximal 700.000 Euro für das Grundstück) wolle Fides jetzt noch bodentiefe Fenster und dazu Verschattungselemente einbauen, auch die ganze Ausstattung vom Kochgeschirr bis zur Matratze liefern. Fides-Geschäftsführer Jan Leis sagte gestern der LVZ, sein Unternehmen samt einer Stahlbautochter habe das Projekt inzwischen allein übernommen, wolle es gemäß schwäbischer Tugenden „grundsolide ausführen“.
Nicht nur bei der Fraktion der Linken gab es dazu jüngst noch erhebliche Zweifel (wir berichteten) – während sich fürs Prager Dreieck inzwischen eine Mehrheit andeutet. Die Verwaltung will nun in der Stadtratssitzung am 23. März beide Projekte getrennt zur Abstimmung stellen.
Die CDU-Fraktion kritisierte, warum Leipzig überhaupt von einer Vorgabe des Freistaates Sachsen abweichen wolle, laut der jedem Flüchtling sechs Quadratmeter Wohnraum zustehen. „Die erhöhten Standards in Leipzig hatten bereits in der allerersten Vorlage zur Diezmannstraße Mehrkosten von 1,3 Millionen Euro verursacht“, erklärte für die Union Stadtrat Karsten Albrecht. „Das können wir uns nicht leisten. Es ist auch nicht durch einen Stadtratsbeschluss gedeckt.“
Jens Rometsch
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 15.03.2016