Der Verein Urban Souls erhält für sein „Heizhaus“ den 1. Preis. 2009 als Halle für den Rollsport eröffnet, ist daraus inzwischen weit mehr als nur ein Domizil für BMX-Fahrer und Skateboarder geworden. 365 Tage im Jahr ist das ehemalige Umformerwerk der Stadtwerke in der Alten Salzstraße 63 inzwischen offen für alle Generationen. Tanzen, mit Holz werkeln, Smart-phonekurse für Senioren oder in der Medienwerkstatt arbeiten – vieles ist möglich. Jugendliche, die kein Geld für den Eintritt haben, helfen beim Bauen oder Sauberhalten der Außenanlagen, um fahren zu können.
Für „Strickliesel“ gab es Blumen und einen Sonderpreis. Gemeint ist Elisabeth Radke (80), die als eine der ersten Babysöckchen für neugeborene Leipziger strickte. Dieser Willkommensgruß gehört nun zum städtischen Begrüßungspaket für Familien. Mittlerweile haben 69 Frauen und ein Mann nahezu 15000 solcher Söckchen gestrickt. „Ich mache weiter, solange es geht“, sagte Elisabeth Radke. Solche Initiativen sind es, die der Familienfreundlichkeitspreis der Stadt Leipzig würdigen möchte. Im LVZ-Verlagshaus am Peterssteinweg wurde er am Sonnabend vor gut 200 Gästen, die sich für eine für Familien lebenswerte Stadt engagieren, verliehen. „So ein Preis wird in keiner anderen sächsischen Stadt verliehen, da ist Leipzig Vorreiter – das unterstützen wir gern“, betonte LVZ-Geschäftsführer Björn Steigert.
Sieger des diesjährigen Wettbewerbs, den eine Jury aus 167 Vorschlägen ermittelte, ist das „Heizhaus“ des Vereins Urban Souls, das im Grünau längst ein offenes Haus für alle Generationen geworden ist. 30 Ehrenamtliche sowie Honorarkräfte halten es das ganze Jahr offen – längst nicht nur mit Angeboten für BMX-Fahrer und Skateboarder wie zu Beginn. Dafür gab es den mit 3000 Euro dotierten Hauptpreis. Was damit passiert, will Sven Bielig, der Vorstands-vorsitzende, mit den anderen im Verein entscheiden.
„Eine Idee habe ich aber. Für Familien mit jüngeren Nachwuchs haben wir noch keinen richtigen Spielplatz“, sagte der 33-Jährige, der sich ebenso eine von der Stadt geförderte pädagogische Fachkraft wünscht.
Sozialarbeiterin Andrea Schlagmann vom Verein Fairbund freute sich über den zweiten Preis für das Projekt „HIPPY“. Die damit verbundenen 2000 Euro kann Fairbund gut gebrauchen. „Im Herbst wollen wir mit einem weiteren Durchgang starten, der noch nicht finanziert ist. Wir brauchen Kinderbücher und Spielmaterialien“, so Schlagmann, die das Projekt auch gern auf andere Stadtteile ausdehnen möchte.
Die BSG Chemie Leipzig ist der erste Fußballballverein, der so einen Preis erhält – sie hat einen Familienfanblock ausgebaut, obwohl der gesamte Alfred-Kunze-Sportpark einer Sanierung bedarf. „Wir wollten das Signal aussenden, dass Familien bei uns besonders willkommen sind. Fußball hat nach Randale ja oft ein schlechtes Image“, sagte Markus Schumann, der regelmäßig mit Clara (5) und Nathanael (2) zu den Spielen geht.
Möglich wird der Familienfreundlichkeitspreis durch Sponsoren wie die Stadtwerke, die Messe sowie Handwerkskammer (HWK) und Industrie- und Handelskammer zu Leipzig (IHK).Letztere loben Sonderpreise für besonders familienfreundliche Arbeitgeber aus. Darüber konnten sich in diesem Jahr die Biomare Malte Reupert GmbH sowie die Schürmaier Orthopädische Werkstatt und Sanitätsfachhandel GmbH & Co. KG freuen. Preisgeld je 1000 Euro. Traditionsgemäß kürte auch eine Kinderjury, die vom Leipziger Kinderbüro angeleitet und unterstützt wurde, ihre vier Favoriten. Über sie ist sogar ein Film entstanden, um die Arbeit vorzustellen. Sieger war Sozialarbeiter Michael Oertel, der einst ehrenamtlich den Verein Mehrweg gründete. Geehrt wird Oertel für das Engagement, schwerstkranke Kinder auf der Intensivstation zu besuchen und ihnen vorzulesen.
Begeistert war auch Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD): „Es ist erstaunlich, dass es jedes Jahr so viele neue und kreative Projekte gibt.“ Nachahmen sei ausdrücklich erwünscht.
Mathias Orbeck
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 08.06.2015