„Mehrgenerationenprojekt mit ‚Miteinander-Konzept‘ „


Johanniter haben elf Millionen Euro teuren Umbau zweier Wohnblöcke in Grünau gestartet
LVZ-Artikel vom 26.06.2015:

Den tristen Wohnblöcken Saturnstraße 27-33 und Neptunweg 1-19, mitten in sattem Grünauer Grün, geht es ans Gemäuer: Leipzigs Johanniter nehmen rund elf Millionen Euro in die Hand, um sie bis Jahresende fit fürs „Mehrgenerationen-wohnen“ zu machen. Eine Quartiersform, die längst in Leipzig umgeht. „Aber nicht in der Form“, beteuerte Johanniter-Regionalvorstand Wieland Keller. „Eigentlich ist unser Konzept sachsenweit einmalig.“
Im Gegensatz zu den meisten bisherigen Generationsprojekten auf Leipziger Pflaster, wo entweder ein Haus für Alt neben einem für Jung steht oder sich lediglich ein paar seniorenfreundliche Domizile „mit“ im Objekt finden, sollen sich bei den Johannitern Jung und Alt absolut gut durchmischt einmieten: Alleinerziehende, Klein- und Großfamilien, ältere wie behinderte Mitbürger. „Allerdings müssten sie alle die Idee vom gegenseitigen Miteinander mittragen. Wir denken an die ganze Palette nachbarschaftlicher Unterstützung“, sagt Keller und bemüht eine Studie der Stadt, laut der 66 Prozent der Grünauer beklagten, dass es in den letzten Jahren so mit den sozialen Kontakten vor Ort immer mehr den Bach runter ging. „Wir wollen gegen Anonymität im Wohnquartier ankämpfen“, sagt der Johanniter-Regionalchef. „Wir möchten, dass sich in den Blöcken eine ehrenamtliche Selbsthilfestruktur entwickelt, schaffen dafür auch Voraussetzungen“, meint Keller und verweist etwa auf ein integriertes Begegnungszentrum für Freizeitgestaltung, Hausaufgabenhilfe und dergleichen. Ratsuchende sollen ein Beratungsbüro vorfinden; die Außenanlagen bieten Spiel-, Grill- und Erholungsplätze plus abschließbare Bike-Ports (klingt besser als Fahrradgarage).
Immerhin: Eine Liste von Mietinteressenten gibt es bereits. Und die Arbeiten, gestern mit Brötchen und Kaffee vor der Haustür der beiden Sanierungskandidaten offiziell gestartet, sind real schon im Gange. Der Neptunweg-Block ist eingerüstet, die Fassaden sehen der Dämmung entgegen. Innen sind die alten Badzellen entfernt, Vorbereitungen zur Schaffung zig verschiedenster Wohnungstypen erkennbar. Zugunsten von Fahrstühlen, mit denen alle Mieter mühelos auf jeder Etage in ihre Domizile kommen sollen, wird sich die ursprüngliche Wohnungszahl von 140 auf 130 reduzieren. Hochwertig saniert, barrierefrei, modern ausgestattet und mit Balkon würden die letztlich sein, sagt Keller. Und teuer? „Nun, eine Anderthalbzimmer-Wohnung, 37 Quadratmeter, wird beispielsweise 373 Euro warm kosten. Eine Dreizimmer-Wohnung mit 63 Quadratmetern 643.“ Den „großen Unterschied zum Betreuten Wohnen“ will er auch nicht ungesagt lassen: „Da gibt es ja gleich auch einen festen Servicevertrag. Bei uns nicht. Jeder zahlt seine Miete und kann, wie er mag und dann, wann er es braucht, Leistungen zukaufen. Johannitertypisches etwa. Also Pflegedienstleistungen, den Hausnotruf, Begleit- wie Einkaufshilfen, den Fahrdienst “
Das städtische Wohlwollen sei dem Projekt jedenfalls gewiss, versicherte Annegret Saal vom Sozialamt beim gestrigen Startschuss-Kaffee. „Für mich persönlich wird es spannend, wie die Sache mit dem ehrenamtlichen Miteinander hier wohl aufgeht.“ Das geht Uwe Kowski vom Quartiersmanagement Grünau ebenso. „Ich denke überdies, dass die Wohnform der Johanniter echt gut hierher passt. Wir haben in Grünau gerade eine Umbruchphase. Nachdem die schmerzlichen Abrissdebatten soweit vorüber sind, geht es nicht nur darum, alles zu verwalten, sondern auch zu gestalten. Und schön auch, dass die zuletzt kaum noch vermieteten Wohnblöcke saniert werden. Die tolle grüne Lage an dem Ende Grünaus wird ja viel zu oft noch unterschätzt.“

Angelika Raulien

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 26.06.2015