„Lipsia läutet Zeitenwende in Grünau ein“

Erstmals seit der Wende entstehen in Leipzigs größtem Stadtteil wieder neue mehrgeschossige Wohnhäuser – LVZ-Artikel vom 25.03.2014:

Sie werden sechs Stockwerke zählen, Fahrstühle bis in den Keller haben und von jedem Essplatz, von jedem Balkon und jeder Terrasse einen schönen Ausblick auf den Kulkwitzer See bieten. Gestern startete die Wohnungsgenossenschaft Lipsia den Bau von drei neuen Häusern in Grünau – und viele der Ehrengäste sahen in dem Acht-Millionen-Euro-Projekt weit mehr als nur einen ersten Spatenstich für insgesamt 48 Wohnungen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung zum Beispiel betonte, dass er sich nur selten die Zeit nehmen könne, um Einladungen zu einem Baustart persönlich zu folgen. „Wenn Sie nicht die Ersten gewesen wären, die hier wieder mehrgeschossige Wohnhäuser errichten, wäre ich auch nicht gekommen“, gestand der SPD-Politiker unter Verweis auf die Geschichte Grünaus. Von den 90.000 Menschen, die sich dort bis zur offiziellen Fertigstellung der Großsiedlung 1985 niederließen, seien viele nach der Wende ganz aus Leipzig weg oder in die Altstadtquartiere gezogen. Man müsse wissen, dass auf Leipzigs Stadtgebiet von 1991 heute immer noch 80.000 Menschen weniger lebten als damals. Dies werde nur durch spätere Eingemeindungen sowie die starken Zuzüge seit etwa 2006 in der Wahrnehmung übertüncht. Inzwischen sei der Exodus Grünaus aber gestoppt, habe Leipzigs nach wir vor größter Stadtteil zuletzt einen leichten Zuwachs von 41.000 auf 42.000 erlebt. „Man kann sagen, die Ampel für die weitere Entwicklung ist schon von Gelb auf Grün-au gesprungen“, kalauerte Jung.

In der Sache gab ihm Lipsia-Vorstand Wilhelm Grewatsch Recht: „Die Menschen hier wollen nicht länger Angst haben müssen, welcher Block als nächstes abgerissen wird. Die „Kulkwitzer See-Terrassen“ werden ein sichtbares Zeichen sein, dass in Grünau eine neue Zeit begonnen hat.“ Bis Juni 2015 sollen die drei neuen Häuser an der Zschampertaue 54-58 bezugsfertig sein, so Ronny Wendel vom Bauunternehmen Diringer & Scheidel. Die 61 bis 127 Quadratmeter großen Quartiere sind auf junge Familien, Singles und Paare abgestimmt, erläuterte Architekt Gregor Fuchshuber, dessen Büro für die Lipsia bereits einen noch viel größeren Neubau in Gohlis realisiert hatte. So nahe am Kulkwitzer See werde nun aber der Übergang vom Stadtraum zur offenen Landschaft durch frei stehende Häuser, besondere Grünanlagen und einen Spielplatz gestaltet. Die Mieter in den Wohnblöcken dahinter behalten dadurch ebenfalls einen guten Blick zum See.

„Wir bemerken seit einiger Zeit, dass eine Kehrtwende eingesetzt hat“, sagte Lipsia-Finanzvorstand Kristina Fleischer. „Diesen Aufwärtstrend wollen wir mit unserem Neubau unterstützen.“ Die Wohnungsgenossenschaft will vor allem junge Familien, Singles und Paare ansprechen. Laut Fleischer meldeten sich bei der Genossenschaft schon 150 Interessenten für die 48 Wohnungen.

Jens Rometsch


Hintergrund:
Der Stadtteil im Leipziger Westen hatte nach 1990 einen dramatischen Bevölkerungsrückgang zu verkraften. Von damals 85.000 sank die Einwohnerzahl bis 2010 um etwa die Hälfte auf 41.000. Eine echte Herausforderung für die Stadtplaner: Etwa ein Fünftel des ursprünglichen Bestands von rund 35.000 Wohnungen wurde zurückgebaut.
Doch mittlerweile scheint der Negativ-Trend gestoppt: In der Stadtverwaltung ist man überzeugt, dass Grünau angesichts der wachsenden Bevölkerung in Leipzig in den nächsten Jahren einen Boom erleben wird. Auch nach Lipsia-Angaben ziehen kaum noch Menschen weg, im Bereich Lausen-Grünau habe es 2013 sogar rund 300 Bewohner mehr als im Jahr zuvor gegeben.


Quelle: LVZ / LVZ-online vom 25.03.2014