„Klinger-Gymnasiasten fordern bessere Toiletten und dichte Fenster“


Fast 500 Schüler ziehen vor den Stadtrat / Sanierung erfolgt Schritt für Schritt – LVZ vom 09.07.2015:


Lautstark vor dem Rathaus: Felix Englisch vom Max-Klinger-Gymnasium mit dem Megafon. Er, seine Mitschüler, Eltern, der Förderverein und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft protestierten gegen die unzumutbaren Zustände in den Grünauer Schulgebäuden. Foto: André Kempner


Im Sommer müssen sie schwitzen, im Winter zieht es durch die Ritzen: Schüler des Max-Klinger-Gymnasiums in Grünau haben die Nase voll. Sie fühlen sich „als Leipzigs vergessene Schüler“. An ihrem Plattenbau im Miltitzer Weg aus den 1980er-Jahren wurde seit Jahren nur das Allernötigste repariert. „Wir erleben die DDR jeden Tag hautnah“ sowie „Hier bin ich Mensch – hier staub ich ein“ ist auf Transparenten zu lesen. Nahezu 500 Schüler und Eltern sind damit gestern vom Cottaweg über den Westplatz zum Neuen Rathaus gezogen, um der Stadt Leipzig ein wenig Nachhilfe in Sachen Schulsanierung zu erteilen. „Sanitäranlagen sind das größte Problem“, erzählt Selene Gerber aus der elften Klasse. „Zwei von zwölf Toiletten wurden gemacht, um uns zu beruhigen“, sagt die 17-Jährige. Schulsprecher Marc Püschel (17): „Wir möchten die Politiker dazu bewegen, sich endlich mit den unhaltbaren Zuständen zu befassen.“
Bröckelnder Putz, defekte Fenster, veraltete Heizungen, Schäden im Treppenhaus, sich wellende Fußböden, veraltetes Mobilar – für die Kinder und Jugendlichen in der Grünauer Schule gehört dies zum Alltag. „Wenn Fenster nicht geöffnet oder geschlossen werden können, ist das gesundheitsgefährdend“, sagt Püschel. Unterstützung kommt auch von der Grünauer SPD: „Für uns ist die Demonstration ein weiterer Beleg dafür, dass die Stadtverwaltung über Jahre hinweg die bauliche Situation fast aller Schulen, Kindergärten und Sporthallen in Grünau vernachlässigt hat“, erklärt SPD-Stadtrat Heiko Bär. Da sich die Bevölkerung im Stadtteil stabilisiert und sogar wächst, sei ein Umdenken nötig.
Der Unterricht in der Bildungsstätte ist zwar top – was auch an den jährlich guten Abi-Ergebnissen ablesbar ist. Elternsprecherin Sylvia Kolbe, deren drei Kinder die Schule besuch(t)en, ist dennoch enttäuscht. „Als ich das Gebäude 2002 das erste Mal sah, war ich entsetzt.“ Statt einer energetischen Sanierung dürfe eine Kernsanierung beider Häuser nicht länger hinausgezögert werden. Wann die erfolgt, wollte sie gestern in der Einwohnerfragestunde im Stadtrat von Schulbürgermeister Thomas Fabian (SPD) wissen. Die Komplettsanierung konnte Fabian allerdings nicht versprechen. Zunächst sei ab 2016 die energetische Sanierung von Haus I, ab 2017 die von Haus II vorgesehen (Kosten: 3,2 Millionen Euro). Ab 2016 ist auch das Dach der Turnhalle dran. Die ist für Schulfeste und Veranstaltungen ge- sperrt – ein Ärgernis für die Klinger-Gymnasiasten. „Wir haben keine Aula – deshalb ist die Turnhalle wichtig“, so Selene Gerber. Die Eltern packen übrigens selbst mit an, haben beispielsweise Unterrichtsräume renoviert.
Zukünftig sei geplant, sagt Fabian, die drei Schulen am Miltitzer Weg (Klinger, 94. Oberschule und Förderschule Grünau) als Komplex im Sinne eines Campus auszubauen. Dafür erfolgen Planungen ab 2017/18. Viel Verständnis haben die Schüler dafür nicht. Sie fordern, dass wenigstens Hygiene-Standards eingehalten werden.

Mathias Orbeck

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 09.07.2015