„Kinderschutz im Leipziger Westen“

Fachkräfte setzen auf Information und Ver-netzung – Leipziger Internet Zeitung vom 11.09.11:

Der weiteren Vernetzung beim Kinderschutz diente die Fachtagung ?Hinschauen, Erkennen, Handeln? an diesem Mittwoch in Grünau. Mitarbeiter der Jugendpflege berieten mit Vertretern aus Kitas, Schulen und der Polizei. Das Anliegen erläutert Stephanie Hauk, Koordinatorin des Leipziger Netzwerks für Kinderschutz und frühe Hilfen, im Gespräch.

Frau Hauk, warum ist Kinderschutz aus Ihrer Sicht notwendig?

Zum einen müssen wir davon ausgehen, dass die Erziehung der Kinder für die Eltern früher scheinbar einfacher war. Heute können Eltern schon total unsicher werden wegen der Flut der Informationen.

Auch gibt es heute viele Alleinerziehende. Eine Rolle spielt auch, dass das soziale Netz früher stärker war. Zudem war vor gut 20 Jahren in der DDR die soziale Kontrolle stärker. Eine Kultur des Hinschauens ist heute nicht mehr so vorhanden.

So herrscht zum anderen oft die Stimmung ?Geht mich nichts an? oder die Unsicherheit ?Was passiert, wenn ich mich einmische?? Andererseits muss man auch sagen: Es gibt viele Kinder, die es gut haben.

Welche Handlungsempfehlung würden Sie geben?

Ich glaube, dass man das natürliche Gefühl für Kinderschutz haben muss. Ich empfehle Fachkräften, sich im Zweifel die Frage zu stellen: Kannst Du es vor Dir verantworten, wenn etwas passiert, und Du hast nichts unternommen? Zudem rate ich: Rede mit den Kollegen, ob sie ein ähnliches Gefühl haben.

Warum findet die Veranstaltung gerade in Grünau statt?

Das hat zwei Gründe. Zum einen haben wir in Grünau ein bereits funktionierendes Netzwerk Kinderschutz. Die Grundidee zu der Veranstaltung entstand im Arbeitskreis Kindeswohl Grünau. Deshalb sollten sich ursprünglich auch nur die Grünauer Fachkräfte treffen. Dann fiel die Entscheidung für den gesamten Westen, also Altwest, West und Südwest. So wagten wir das Experiment, die Fachkräfte aus dem gesamten Leipziger Westen einzuladen.

Und zweitens haben einfach alle Kriterien für die ?Völkerfreundschaft? als Veranstaltungsort gesprochen. Denn etwas Vergleichbares gibt es im ganzen Leipziger Westen nicht.

Warum beginnt eine Fachtagung zum Kinderschutz im Leipziger Westen mit einem Impulsreferat zu den Erfahrungen in Berlin-Mitte?

Es stimmt, dass es ungewöhnlich ist, dass man jemanden aus der Hauptstadt holt. Wir im Netzwerk haben aber gesagt, dass wir die Experten aus Sachsen und aus dem Netzwerk Leipzig schon gehört haben. Deshalb wollten wir jemanden von außen holen.

In Berlin-Mitte lief auch ein Modellprojekt, das wissenschaftlich von der katholischen Fachhochschule begleitet wird. Von den dortigen Erfahrungen wollten wir gern mehr wissen. Deshalb haben wir Jens-Uwe Scharf vom Caritasverband Berlin eingeladen.

Welche Erwartungen verbinden Sie mit der Veranstaltung?

Ich wünsche mir, dass die Teilnehmerinnen viel Input, Anregungen und Ideen mitnehmen. Wichtig ist auch, dass die Teilnehmerinnen Kontakte knüpfen, auch durch Gespräche in der Kaffeepause.

Wichtig zu wissen wird schließlich sein: Wünschen die Fachkräfte solche interdisziplinären, stadtteilbezogenen Veranstaltungen weiterhin? Es geht im Kern um die Frage: Ziel erreicht, was nun? Also darum, in welcher Form es den Arbeitskreis im Leipziger Westen weiter geben wird.

Sehen Sie die Möglichkeit der Übertragung des Modells des Arbeitskreises auf weitere Stadtteile?

In anderen Stadtteilen haben wir den Bedarf noch nicht eruiert. Bisher haben wir die Etablierung des Arbeitskreises Leipzig-West und Leipzig-Altwest geschafft.


Das Interview wurde von Karin Färber, Sylvia Höhne, Heike Jacob und Christine Kayser im Rahmen des ?Stärken vor Ort?-Projektes ?Ausbildung zur Bürgerredakteurin für Grünau? geführt.


Quelle: Leipziger Internet Zeitung vom 11.09.2011