Am 30. August habe ich mit einer Gruppe Vorschulkinder Pflanzen und Schlamm im Arm des Kulkwitzer Sees östlich der Campinghalbinsel (Lagune) untersucht. Die Lagune empfing uns ungnädig. Am Ufer trieben dicke Teppiche aus Fadenalgen durchsetzt mit giftigen Cyanobakterien (sogenannte Blaualgen). Als erstes machten sich die Kinder daran, Schlamm zu fördern. Der stank penetrant und so intensiv, dass ich hinterher zu Hause meine Hände lange schrubben musste bis der Gestank weg war und ich daran gehen konnte, das Essen zuzubereiten.
Gesehen haben wir in den verschiedenen Schlammproben nichts Lebendes. Ein sicherer Hinweis darauf, dass es im Schlamm und am Boden an Sauerstoff mangelte. Einige sehr kleine Schalen von Teichmuscheln bestärkten den Verdacht, dass Mollusken, Würmer, Kleinkrebse und Insektenlarven erstickt waren.
Als nächstes haben wir die Wasserpflanzen untersucht, fast ausschließlich Hornblatt, das nährstoffreiches Wasser liebt. Nur die oberen Teile, die nahe der Oberfläche schwammen, waren noch grün, Stängel und Blätter weiter unten schwarz und schmierig. Als letztes haben wir dann mit einem Netz versucht, Plankton zu fischen, auch ohne Erfolg.
Die Kinder waren mit Feuereifer bei der Sache und trotz der Ergebnislosigkeit der Suche nur schwer zu bewegen, die Exkursion nach 1.5 Stunden am Wasser wieder zu beenden. Schon im Aufbruch gab es aber doch noch etwas. Carmen konnte im Wasser einen winzigen kleinen Teichkäfer fangen und andere entdeckten im hohen Gras Schuppen und frische Eingeweide eines größeren Karpfens. Fische waren also schon wieder da.
Anfang Juli vorigen Jahres hatte ich 3 Studentinnen und einer Schulklasse geholfen, das Wasser chemisch zu analysieren und die Pflanzen zu begutachten. Auch da dominierten im Wasser und direkt am Ufer nährstoff liebende Pflanzen. Im Wasser selbst haben wir aber keine besorgniserregenden Konzentrationen von Phosphaten und Nitraten gefunden, auch die Algenteppiche fehlten Anfang Juli noch. Zur Kontrolle haben wir auch das Wasser im Tümpel in Schiffsnähe untersucht, es war eine konzentrierte Nährstofflösung. Unsere Tests funktionierten also. Was war diesmal geschehen?
Mitte August war es sehr heiß. Warmes Wasser kann weniger Gase, darunter Sauerstoff, lösen. Die Pflanzen zeigen an, dass relativ viele Nährstoffe ins Wasser gelangen, von diesen aber sofort aufgenommen und damit aus dem Verkehr gezogen wurden. Vor allem das Schilf bewährt sich als Filter. Wasserpflanzen und Algen können große Mengen an Nährstoffen aufnehmen und speichern. Wärme lässt sie schneller wachsen. Auf diese Weise bestens versorgt, begannen vor allem die Algen im warmen Oberflächenwasser des Sommers zu wuchern.
Am Tag kein Problem: die Pflanzen produzieren den Sauerstoff selbst, den sie zum Atmen benötigen. Aber nachts brauchen sie Sauerstoff zum Atmen und der wurde im warmen Wasser durch die große Pflanzenmasse zunächst am Boden der Lagune knapp. Pflanzen und Pflanzenteile sowie Kleintiere, die sich im Wasser nicht schnell fortbewegen können, begannen abzusterben. Was schwimmen oder fliegen konnte, floh in den freien See. Das fatale ist, dass sich im sauerstoffarmen Wasser Phosphate, die in sauerstoffreichem Wasser in sehr schlecht wasserlöslichen Verbindungen vorkommen in gut lösliche Formen umwandeln. In der flachen Lagune verhindert auch keine Schicht warmem Wassers, das auf dem kalten Tiefenwasser schwimmt, dass diese mobil gemachten Nährstoffe bis an die Oberfläche gelangen. Das regt die Pflanzen, die die Oberfläche erreichen oder durchbrechen, noch stärker zum Wuchern an. Innerhalb weniger Tage ist auf diese Weise die Lagune gekippt und hat die Qualität eines stinkenden Dorfteiches angenommen! Möglich war das auch, weil der bei uns vorherrschende Südwestwind in die Lagune hineindrückt und damit den Wasseraustausch mit dem großen und tiefen See behindert. Als wir da waren, war die Hitzewelle schon einige Tage vorbei und es war spürbar kühler und regnerischer geworden. Dadurch hatte der Sauerstoffgehalt wieder so weit zugenommen, dass zähere Fische wie Karpfen begonnen hatten, wieder zuzuwandern. Da wir keine größeren Schalen von Muscheln gefunden haben, ist zu schließen, dass solches Sterben durch Sauerstoffmangel auch in den Vorjahren im Spätsommer schon passiert sein muss.
Das ist ein ernstes Warnzeichen! Durch seine Tiefe kann der See vieles wegstecken. Aber unbegrenzt ist seine Fähigkeit nicht, Schadstoffe in der Tiefe verschwinden zu lassen! Die Nährstoffe in der Lagune können nur von der Campinghalbinsel stammen. Vom Grünauer Ufer ist die Lagune nur an wenigen Stellen erreichbar, sonst sind die Ufer zu gewuchert. Auch Felder, deren Dünger durch Grundwasser oder den Wind in die Lagune gelangen könnten, sind nicht in der Nähe.
Offenbar entsorgen einige Camper Abwasser und Abfälle einfach im Schilf oder am nächsten Baum, obwohl Sanitäranlagen vorhanden sind. Aber da muss man halt ein Stück mit einem schweren Eimer voller Abwasser laufen. Ich schlage daher vor, die Campinghalbinsel zunächst zumindest tagsüber für alle Besucher des Sees zu öffnen. Wo viele besorgte Augen hinsehen, hat es wasserschädigende Bequemlichkeit schwerer. Mittelfristig muss das Campen auf der Halbinsel aber beendet werden und Campingplätze am Ufer mindestens 50 m bis zum Wasser Abstand einhalten. Der Uferstreifen zwischen Wasser und Campingplatz muss von jedermann frei begangen werden können. Wer Zäune braucht, um die Ruhe seiner zahlenden Gäste zu schützen, soll die weiter hinten bauen lassen.
Textveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Dr. Leonhard Kasek