„Irische Klänge in Grünau“

Bei den Kleinen Paganinis spielt jeder die erste Geige – Leipziger Internet Zeitung vom 08.07.2011:

Musik von Europas grüner Insel erklang kürzlich in Grünau. An der dortigen Joachim-Ringelnatz-Grundschule vereinen sich seit sechs Jahren Dritt- und Viertklässler zu einem großen Streichorchester. Die Freude am gemeinsamen Musizieren steht im Vordergrund. Doch es geht zugleich um die großen Fragen von Bildungserfolg und sozialem Ausgleich.

Jedem Kind ein Instrument. Diese Devise gehört schon seit einigen Jahren zu den Kernthesen der Bildungsreformer im Pisa-Nachzüglerland Deutschland. An der Joachim-Ringelnatz-Grundschule in Grünau wird dieses ambitionierte Vorhaben seit sechs Jahren in die Tat umgesetzt.

Mit Erfolg, wie Schulleiterin Anne Matthias im Gespräch mit der L-IZ nicht ohne Stolz berichtet. In diesem Jahr erhielten 38 Prozent der Viertklässler die Bildungsempfehlung für das Gymnasium, nach 22 Prozent im Jahr zuvor. Die deutliche Steigerung gelang ?trotz der verschärften Bedingungen? beim Zugang zum Gymnasium in Sachsen, unterstreicht sie.

So wolle man mit dem Ganztagsangebot ?den sozialen Ausgleich in Grünau schaffen?, erläutert Anne Matthias weiter. Neben der Musikalität fördere das Streichen der Saiten die Konzentration, die Aufmerksamkeit, die Selbstständigkeit sowie die Fähigkeit der Grundschüler, Verantwortung zu übernehmen.

Die Schüler formulieren das in einer Befragung so: ?Ich werde ruhig dabei, dann kann ich besser lernen?. Oder: ?Nur weil alle spielen, hatte ich Mut es zu probieren?. Ein anderes Kind findet das Angebot ?toll, weil ich Fan vom Kleinen Amadeus bin?. In der Tat hat es Klein-Mozart als Trickfilm-Figur ?Little Amadeus? in den letzten Jahren zu einem gewissen Kultstatus unter Kindern gebracht. Auch so kann man zur Beschäftigung mit klassischer Musik anregen.

Über die Beschäftigung mit dem Instrument haben die Kinder ?gelernt, dass sie etwas schaffen können?, ist für die Schulleiterin der Kern des Projekts. Es nennt sich selbstbewusst ?Kleine Paganinis? und existiert seit 2005. Alles begann mit einer Empfehlung der Bürgerstiftung Leipzig und den Mitteln des Bund-Länder-Programms zur Förderung von Ganztagsangeboten an Schulen.

Diese so genannten GTA-Mittel wurden auch in Sachsen gekürzt. Da ist es wichtig, dass sich die Bürgerstiftung, die Stiftung Bürger für Leipzig und die Volksbank Leipzig weiter engagieren, gerade auch finanziell. Denn achtzig junge Musiker mit Geigen, Bratschen, Celli und Kontrabässen auszustatten, kostet eine kleine Stange Geld. Seit zwei Wochen ist nun klar, dass das Projekt weitergehen kann ? dank der Zusage der Stiftung Bürger für Leipzig.

Selbstverständlich steht auch bei den Nachwuchs-Paganinis aus Leipzigs größtem Plattenbau-Gebiet der Spaß am gemeinsamen Musizieren im Vordergrund; und bei allen übrigen Beteiligten die Freude am Zuhören. Die Schulturnhalle an der Grünauer Allee 35 ist bestens gefüllt, als das 80-köpfige Laienorchester gemeinsam mit der Band ?Open String? zum Schuljahresausklang lädt. Das Konzert ist zugleich Teil des diesjährigen Grünauer Kultursommers.

Man fühlt sich bei den Klängen irischer Folklore gedanklich sofort auf die grüne Insel versetzt ? oder zumindest zur Life-Mugge in den nächstgelegenen Irish Pub. Den meisten Publikumszuspruch ernten die Stepp-Tanzstücke, die von ?Lord of the Dance? bekannt sind. „Das Schönste ist die Begeisterung der Kinder?, sagt Marion Dreßler, die zusammen mit Roswitha Dierich die Kinder in dem GTA-Projekt begleitet.

Gernot Borriss

Quelle: Leipziger Internet Zeitung vom 08.07.2011