Die neue Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau spricht über Mieten, Ortskenntnisse und Hüte –
Interview der Leipziger Volkszeitung vom 01.08.2013:
Heute [01.08.] ist der erste Arbeitstag von Dorothee Dubrau als Leipziger Bürgermeisterin für Stadtentwicklung und Bau. Wir sprachen mit der 58-jährigen Berlinerin. Sie ist parteilos, steht jedoch Bündnis90/Die Grünen nahe.
Frage: Haben Sie sich schon eine Wohnung in Leipzig genommen?
Dorothee Dubrau: Ja, direkt im Stadtzentrum. Es ist eine Zwei-Raum-Wohnung mit großem Balkon. Von dort sehe ich die Thomaskirche, den Rathausturm und ebenso die Hochhäuser in Grünau.
Ist die Miete okay?
Ich finde sie schon relativ hoch, aber das ist wohl das Normale, wie es jetzt auch in Berlin aufgerufen wird. Natürlich hätte ich was Preiswerteres finden können, aber mir war wichtig, dass die Wohnung schön ist. Für mich ist hier erst mal alles neu: Leute, Stadt, Kollegen. Da möchte ich zu Hause auftanken. Es war ein Glücksfall – die 30. Wohnung, die ich mir an einem Tag angeschaut hatte. Nach der Internet-Recherche.
Leipzigs Mieten gelten als günstiger als die in der Hauptstadt. Stimmt das?
Sicher, das hängt jedoch von der Lage ab und wie lange der Mietvertrag schon läuft. Bei vielen Gründerzeithäusern mit wunderschönen Fassaden und Eingängen war ich etwas frustriert, wie verbaut die kleinen Wohnungen wirkten. Häufig abgehängte Decken mit Spots oder PVC-Fußbodenbelag. Das ist nicht das, was solche Gebäude bieten können.
In Leipzig mehren sich Stimmen, die vor stark steigenden Mieten warnen. Was wollen Sie dagegen tun?
Das beste Mittel gegen steigende Mieten ist, zusätzliche Angebote zu schaffen – durch Instandsetzung und Neubau. Wenn das Angebot groß ist, bleiben die Hausbesitzer mit ihren Forderungen auf dem Teppich.
In 17 Jahren als Baudezernentin für Berlin Mitte sowie andere Stadtbezirke waren Sie auch für Prenzlauer Berg zuständig. Warum hat es dort mit dem Erhalt günstiger Mieten nicht geklappt?
Als ich die Zuständigkeit für Prenzlauer Berg erhielt, waren viele Sanierungen schon am Laufen. Wir haben mit Milieuschutzsatzungen und Obergrenzen für Mieterhöhungen gute Erfahrungen gesammelt. Leider wurden die Obergrenzen zur Jahrtausendwende von einem Gericht als rechtswidrig gekippt. Doch es gibt inzwischen Modelle in vielen Groß- und Kleinstädten, um eine soziale Mischung zu erhalten. Wichtig ist nur, dass man rechtzeitig damit anfängt. Das möchte ich in Leipzig unterstützen.
Wie kamen Sie überhaupt zur Politik?
Vor der Wende war ich als Architektin bei der Planung von Sanierungen in Lichtenberg tätig. Da dort allerdings fast nichts saniert wurde, haben wir oft für den Papierkorb gearbeitet. Schließlich engagierte ich mich in der Bürgerbewegung, um die Altbausubstanz zu retten. 1990 wurde ich aus diesem Umfeld angesprochen. Man suchte eine Baustadträtin für meinen Heimatbezirk Berlin Mitte – am Dienstag gefragt, am Mittwoch mit der Familie gesprochen, am Donnerstag gewählt, am Freitag das Amt angetreten.
Sie haben vier Kinder?
Ja und bin schon Oma.
Ist die Entfernung da kein Problem?
Ach, die sind alle groß. Einer meiner drei Söhne lebt in Kanada. Das muss ja auch gehen. Meine Tochter und die beiden anderen Söhne bleiben in Berlin. Für den Grafikdesigner und den Architekten wird es eine Umstellung, weil wir beruflich zuletzt viel zusammen gemacht haben. Sie müssen jetzt eben allein schwimmen, aber das können sie auch.
Wie sehen Sie Leipzig heute?
Beruflich war ich schon in sehr vielen Städten, national wie international. Es gibt welche, da möchte ich ehrlich gesagt nicht leben. Leipzig dagegen hat etwas Besonderes. Wenn ich hier ankomme, fühle ich mich wohl, selbst wenn die Sprache etwas anders ist. Schon zu DDR-Zeiten war ich mit den Kindern jedes Jahr fünf, sechs Mal zu Besuch bei einer Cousine im Leipziger Osten. Wir haben sehr schöne, lange Stadtspaziergänge gemacht. Später kam ich häufig dienstlich hierher, weil Leipzig bei der Stadtentwicklung eine echte Vorreiterrolle spielte – bei schwierigen Themen wie Abbruch, Leerstand, durchlöcherte Häuserzeilen. Auch bei der Bürgerbeteiligung, die mir schon wegen meiner Biografie sehr wichtig ist.
Seit wann tragen Sie so oft Hüte?
Das ging los, als ich 17 war. Mit Unterbrechung während meiner ersten Ehe. Mein Mann war kleiner als ich und wollte das daher nicht. Nach der Trennung habe ich mir geschworen: Du lässt dir nie wieder den Hut von einem Mann verbieten.
Interview: Jens Rometsch
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 01.08.2013
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