„Ich bin ein Straßenfotograf“

Vom 8. März bis 24. Juni 2012 zeigt das Zeit-geschichtliche Forum (Grimmaische Straße) 70 Fotos von Harald Kirschner aus Leipzig-Grünau. Der Eintritt ist frei.
Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 07.03.2012:

1981 – mit seiner Frau und den zwei Kindern zog Harald Kirschner aus der Kurt-Eisner-Straße in eine größere Plattenbauwohnung in Leipzig-Grünau. Fünf Jahre stand er auf der Warteliste. Erst dann durfte er in die Maisonette-wohnung im 15. und 16. Stock des Punkthochhauses, in der er noch heute wohnt. Der studierte Fotograf aus Reichenberg nahm zu seinen Streifzügen durch das Viertel nicht nur die Exakta-Kleinbildkamera mit, sondern auch den Kinderwagen. „Das war eine gute Tarnung. Da wurde man nicht als Fotograf wahrgenommen“, erinnert sich der heute 67-Jährige. Auch vor seiner Kamera standen Kinder im Mittelpunkt.
Kirschner faszinierte: „Wie sie mit der unfertigen Landschaft umgehen.“ Seine schwarz-weißen Fotografien zeigen Förderrampen, auf denen Kinder turnen, pubertierende Jugendliche auf zerklüftetem Bauland. Eines ist sich Kirschner gewiss: „Die Platte wird immer ein Reizthema bleiben.“ Mit seinen Bildern wirft er einen vorurteilsfreien Blick auf das junge Leipzig-Grünau. Zwischen 1981 und 1991 entstanden die Fotos – zwischen „Traum und Tristesse“, wie die Ausstellung im Zeitgeschichtlichen Museum heißt.
Von den Grünauern selbst bekam Kirschner überwiegend positive Reaktionen. Viele von ihnen erinnern sich gerne an die Anfangszeit ihres Viertels, das heute langsam auszusterben droht. Daher haben Kirschners Fotos vor allem dokumentarischen Wert. Sie sind Spiegelbilder ihrer Zeit. Auf einer der Aufnahmen ist ein Trabant zu sehen, der in einer einzelnen Garage zwischen Plattenbauten steht. Es war das Auto des Hausmeisters der Klingerschule, erinnert sich Kirschner. Außer diesem habe es in Grünau damals nur wenige Parkplätze gegeben. Über sich selber sagt Kirschner: „Ich bin ein Straßenfotograf. Die Themen lagen damals auf der Straße.“
Conrad Ziesch

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 07.03.2012


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