„Hier wird Willkommenskultur gelebt“


Sachsens Kultusministerin überrascht Erstklässler der 100. Grundschule und bringt Geschenke mit / Dickes Lob für die Lehrer – LVZ vom 25.08.2015:


In Spendierlaune: Ministerin Brunhild Kurth (rechts) überreicht der Klasse 1a mit Lehrerin Annette Sitte eine Zuckertüte.
Foto: André Kempner


Am Wochenende ging es ihr gar nicht gut. Eine Erkältung, kaum Stimme. Auch gestern, am ersten Schultag nach den Sommerferien, wirkte Brunhild Kurth noch angeschlagen. Doch der Besuch der 100. Grundschule in Grünau dürfte der sächsischen Kultusministerin zur schnellen Genesung verhelfen. Besonders die Begegnung mit Mädchen und Jungen einer Klasse mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) berührte die CDU-Politikerin. „Ich habe gesehen, wie die Kinder friedlich, fröhlich und in harmonischer Atmosphäre die Schule genießen“, schilderte sie. Sie sehe in Schulen nicht nur Orte des Lernens, sondern vor allem der Begegnung und Integration, sagte Kurth. „Heute habe ich gespürt, dass hier Willkommenskultur gelebt wird“, lobte sie die Bildungseinrichtung in der Miltitzer Straße 1 nahezu überschwänglich.
Fürwahr, die 100. Grundschule ist aufgrund ihrer Nähe zu einem Flüchtlingsheim und dem seit Jahren hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund etwas Besonderes. Das ist auch Schulleiterin Franziska Horn bewusst. „In Anbetracht der veränderten politischen Lage sollte gelebte Integration keine Besonderheit bleiben“, betonte Horn. „Die Politik hat diesbezüglich noch eine Menge Arbeit vor sich.“ Zugleich warnte sie davor, die Schulen zu überfordern. An der „100.“ ist der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund von einem Drittel im vergangenen Schuljahr auf 50 Prozent in diesem Jahr gestiegen. „Integration kann nur gelingen, wenn die Verteilung gerecht verläuft“, gab die Rektorin zu bedenken.
Konkrete Wünsche hat die Schulleiterin auch. Das Gebäude müsse dringend saniert werden „und bei der Bereitstellung von DaZ-Lehrkräften gibt es Handlungsbedarf“. Auch die Ministerin weiß, dass immer mehr DaZ-Lehrer gebraucht werden. Der Planungsprozess hierfür gehe kontinuierlich und forciert weiter, informierte Kurth. „Das Interesse an DaZ ist da, jetzt müssen wir an den drei universitären Standorten Dresden, Leipzig und Chemnitz und in Form von Fortbildungen ein Angebot schaffen.“
Der Lehrerin der DaZ-Klasse 1 an der 100. Grundschule, Grit Trepte, ist es wichtig, ihren 17 Schülern aus zehn verschiedenen Nationen „einen geschützten Raum und Zeit zum Ankommen“ zu geben. Die größte Herausforderung bei der Arbeit mit einer DaZ-Klasse sei die Ausstattung der Kinder mit Schulmaterialien und die Sprachenvielfalt. „Aber die Kids kommunizieren nur auf Deutsch,“ erläuterte sie. Daher lernten sie auch sehr schnell.
„Unsere Lehrerinnen und Lehrer müssen einfach mal eine Eins plus bekommen. Ihnen gebührt Riesendank“, sagte die Ministerin zum Ende der Stippvisite und ließ in der DaZ-Klasse drei Fußbälle und Buchstabentafeln für jeden Schüler sowie jeweils eine Zuckertüte für die 1a und 1b da. Schließlich begann für die Erstklässler gestern das Schulleben erst so richtig.


Das sagen Schüler der DaZ-Klasse 1:

Imen (7), aus Tunesien: „Heute ist ein besonderer Tag. In der Schule freue ich mich vor allem aufs Spielen.“

Simon (6), aus Syrien: „Ich freue mich über den Ball, den uns die Frau aus Dresden mitgebracht hat.“

Ariam (7), aus Syrien: „Ich will ganz schnell Deutsch lernen. Meine Freundin Maja ist mit mir hier.“

Muslim (7), aus Tschetschenien: „lch bin gespannt auf das Lernen mit den Buchstaben und aufs Malen.“

Huguet (7), aus Kuba: „Ich habe mich auf den ersten Schultag gefreut. Ich möchte hier viel spielen können.“


Louisa Esther Glatthaar

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 25.08.2015