„Hallo Grünau, wir sind die Neuen!“

Comeback für Plattenviertel? (bild.de vom 02.02.2015):


Es sind Bilder, die den Ur-Grünauern Freudentränen in die Au-gen treiben. Neugierige, die vor Rohbauten Schlange stehen. Architekten, die stolz ihre Pläne auseinander rollen. Junge Familie bei der Wohnungsbesichtigung. Ganz so wie früher…

Grünau ist wieder da! Nach über 25 Jahren wird in dem Plattenbau-Stadtteil wieder neu gebaut. Drei Sechs-Geschosser an der Zschampertaue, entworfen vom Architekturbüro Fuchshuber. Die bauen normalerweise so edle noble Eigenheime im Neuseenland oder coole Geschäftshäuser wie das Katharinum in der City.

Und jetzt plötzlich 48 Wohnungen (48-127 qm) im WK VIII; nur einen Steinwurf vom Kulkwitzer See entfernt. Mit Fußbodenheizung, Parkett, großen Fenstern für durchschnittlich 8,04 Euro pro Quadratmeter. Acht Millionen Euro hat die Wohnungsgenossenschaft Lipsia eG hier investiert. Und offenbar gutes Gespür bewiesen: zur Erstbesichtigung gestern kamen mehr als 500 Interessenten!

Was treibt die Leipziger plötzlich wieder nach Grünau?

„Wir sind hier aufgewachsen, später nach Gohlis gezogen“, sagen Thomas und Simone Schmiedel, beide 40 und selbstständig. „Jetzt wollen wir zurück. Vor zehn Jahren war das ja noch unvorstellbar gewesen.“

Ähnlich geht es Renate Schenk (75): „Ich wohne schon lange nicht mehr hier, möchte jetzt zurückkommen. Wenn der Stadtteil moderner wird, kann ich mir gut vorstellen, hier zu leben.“

85 000 Menschen wohnten 1989 in Grünau; 20 Jahre später waren’s nicht mal 41 000. Der Stadtteil hatte die Hälfte seiner Einwohner verloren.

Doch nun ist dieser traurige Trend gestoppt. Grünau verliert nicht mehr. In den nächsten zehn Jahren rechnet die Stadt sogar mit dem Zuzug von 5000 bis 10.000 Einwohnern. Auch, weil die Infrastrukur stimmt. „Grundschule und Kita sind in der Nähe, der See gegenüber“, sagt Stefan Bieniaß (30, Fahrzeugschlosser), der mit seiner Frau Claudia (29) und den beiden Kindern aus Kleinzschocher herziehen will.

Noch ist der Grünauer zwar im Schnitt sechs Jahre älter als der Leipziger, aber der Stadtteil bereitet sich auf den Boom vor. Im Frühsommer will Baudezernentin Dorothee Dubrau (58, parteilos) ein integriertes Stadtteilkonzept vorlegen. Schwerpunkt sind Bildung, Wirtschaft und Gesundheit.

Jackie Richard


Im Interview:
„Es können nicht alle in der Innenstadt wohnen“
Wilhelm Grewatsch (64), Vorstandschef der Wohnungsgenossenschaft Lipsia eG erklärt neuen Grünau-Boom:

BILD: Warum ist Grünau plötzlich attraktiv?
Grewatsch: „Leipzig wächst, aber es können nun mal nicht alle in der Innenstadt wohnen. Und die Infrastruktur ist ein Argument: Autobahn und See sind in der Nähe.“

BILD: Welche Menschen wollen jetzt hierher?
Grewatsch: „Manche kommen aus dem Speckgürtel, manche aus den alten Bundesländern zurück, manche sind hier aufgewachsen. Die Interessenten sind zwischen 30 und 70 Jahre alt.“

BILD: Grünau gilt als preiswert, aber Ihre Neubauten sind nicht gerade billig…
Grewatsch: „Hochwertiger Wohnraum ist wichtig, um das Image eines Viertels aufzuwerten, aber die Infrastruktur muss natürlich mitziehen.“

BILD: Wo gibt´s in Grünau noch Bauplätze?
Grewatsch: „Überall dort, wo vorher ein WBS 70 (DDR-Plattenbau, d. Red.) stand. Und davon gibt es hier noch viele.“


Quelle: bild.de vom 02.02.2015


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Beitrag von lvz-online.de vom 02.02.2015