„Grünau ist wieder am Netz“

Nach fast drei Jahren hat Grünau wieder einen S-Bahn-Anschluss. Das ist vor allem engagierten Bürgern des Stadtteils zu verdanken, die am Samstag an der Sternfahrt der neuen Linie S1 teilnehmen durften und jetzt wieder ein Stückchen näher ans Zentrum gerückt sind.


Kurz, aber intensiv war die Eröffnungsfahrt mit der neuen S1. Vier Minuten brauchte der silberne Zug vom S-Bahnhof Miltitzer Allee zum Allee-Center. Der anschließende Applaus der Fahrgäste machte deutlich, wie sehnsüchtig sie auf die Wiederbelebung ihrer S1 gewartet haben. Immerhin mussten die Grünauer fast drei Jahre lang wegen der Bauarbeiten am City-Tunnel ohne sie auskommen.
Weil zeitweilig eine dauerhafte Stilllegung der Verbindung zur Debatte stand, hatten sich einige Grünauer sogar zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Deren Sprecher Klaus Wagner, der die Eröffnungsfahrt „super“ fand, wie er sagte, ist erleichtert, dass sein Stadtteil jetzt wieder an das S-Bahn-Netz angeschlossen ist. „Wir befürchteten nicht ohne Grund, auf Dauer abgehängt zu werden“, brachte der Rentner in seiner Rede im Allee-Center die Problematik noch einmal auf den Punkt. Doch inzwischen sei die Skepsis verflogen, die er in Bezug auf den City-Tunnel hatte. „Ich bin mir sicher, dass wir die S-Bahn wieder wie bisher nutzen, um schnell, zuverlässig, bequem und leise durch den City-Tunnel ins Stadtzentrum zu gelangen oder eines der vielen Ausflugsziele in unserer Umgebung zu erreichen.“ Die S1 sei für ihn nun ein weiterer der vielen Vorzüge des Stadtteils, darunter das viele Grün, die Nähe zum Kulkwitzer See, die Infrastruktur und die guten Einkaufsmöglichkeiten. Dass Züge und Bahnhöfe durch Randalierer Schaden nehmen könnten, bereitet Klaus Wagner jedoch Sorgen. Deswegen warnte er vorsorglich: „Etwas weniger Gleichgültigkeit und ein wenig mehr Zivilcourage täten unserer S-Bahn und auch uns, den Fahrgästen, bestimmt gut.“
Dass die Grünauer um eine S-Bahn-Linie reicher sind, sieht Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos) als „große Lebenswertverbesserung“. „Die 40.000 Leute, die hier wohnen, werden diese Bahn hoffentlich lieben und benutzen“, sagte die Politikerin, bevor ihr Kollege Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) sowie Vertreter der Deutschen Bahn und des Mitteldeutschen Verkehrsverbunds im Einkaufszentrum das Wort ergriffen.
Angelika Frieske liebt die neue Anbindung jetzt schon. „Wir brauchen sie wirklich“, betonte die Grünauerin, die sich an der Petition der Bürgerinitiative, bei der 15.000 Unterschriften zusammenkamen, beteiligt hatte. „Ich hatte zwischenzeitlich arge Bedenken, ob es wieder eine S-Bahn-Linie geben würde“, erinnerte sich die zweifache Mutter. Vor allem für ihre Wanderausflüge ins Umland sei die Anbindung praktisch. „Zeitlich ist es bis in die Stadt zwar kein großer Unterschied, aber es ist bequemer und man braucht nur noch eine Fahrkarte, wenn man später in einen anderen Zug umsteigen will.“ Einen Wermutstropfen gebe es jedoch: „Manche Bahnhofsanlagen sind noch nicht ganz fertig, obwohl man zehn Jahre Zeit hatte“, bemängelte Angelika Frieske, die seit 1978 in Grünau lebt und sich in ihrem Stadtteil wohl fühlt. „Im Gegensatz zu anderen Stadtteilen hat man hier alles Nötige ganz nah beieinander“, erklärte sie.
Auch Hans Ehle ist ein Alteingesessener. Seit 1982 wohnt der Rentner in Grünau. Obwohl die S1 nur jede halbe Stunde fährt, ist sie für den 77-Jährigen die bessere Alternative. „Ohne die S-Bahn war es viel beschwerlicher, in die Stadt zu kommen, Busse und Straßenbahnen waren oft überfüllt“, erzählte der 77-Jährige, der wegen Arztterminen regelmäßig unterwegs ist. „Jetzt werde ich vielleicht öfter einmal ins Zentrum fahren.“

Felix Forberg

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 16.12.2013