Grünau: ?Ein ganz normaler Stadtteil?

Wenn es einen Stadtteil gibt, dem ein schlechter Ruf anhängt, dann ist es Grünau. Doch das jüngste Viertel hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten mehr Veränderungen durchlebt wie kein zweites. Auch derzeit wandelt sich Grünau wieder. Einen wesentlichen Anteil daran hat das Quartiersmanagement Grünau. Ein Besuch von LVZ-Immo. von Daniel Große

Antje und Uwe Kowski kennen sich aus im Plattenbaugebiet Grünau. Seit Ende 2006 sind die beiden beauftragt vom Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, den Erneuerungsvorgang in Grünau zu unterstützen. Hier laufen alle Fäden zusammen, hier koordiniert das Quartiers-management Bürger, Vereine und Träger. Antje Kowski erfüllt dabei die Aufgaben der Stadtteilmoderatorin, ihr Mann Uwe Kowski ist Projektleiter.
?Grünau ist ein großes Gebiet, sogar bundesweit das größte Gebiet, das ein Quartiersmanagement zu betreuen hat?, so Antje Kowsi. Trotz dieser Größe sind die Aufgaben mit zwei Stellen plus einiger Praktikanten im Jahr zu schaffen, wie sie sagt. Und das sind nicht wenige Aufgaben: ?Wir sind sozusagen Ansprechpartner für alle in Grünau. Träger, Vereine, Bürger. Wir wissen über Veranstaltungen Bescheid, geben Auskunft über den Rückbau und wissen aber auch gleichzeitig, wo in Grünau etwas passiert und wo strategische Entscheidungen getroffen werden. Wir sehen Grünau aus Gesamtkomplex?, informiert Antje Kowski.

Projekt gemeinsamer Anstrengungen: Grünolino
Ein wesentliches Projekt des vergangenen Jahres war die Einführung des Grünolinos, dem Grünauer Bus. Dieser steuert wichtige Punkte innerhalb Grünaus an. ?Die Idee für einen Quartiersbus kam vom Club der Nachdenklichen, einem Zusammenschluss meist älterer Bürger?, erinnert sich die Stadtteilmoderatorin. Der Club macht sich vor allem zu philosophischen Themen Gedanken, aber eben auch zur Verkehrsanbindung im Stadtteil. ?Nach Grünau zu kommen oder von hier weg ist durch die Straßenbahn kein Problem. Allerdings fehlte innerhalb Grünaus ein Nahverkehr, um sich problemlos innerhalb der Wohnkomplexe zu bewegen?, so Kowski. Der Club der Nachdenklichen stand eines Tages beim Quartiersmanagement auf der Matte, mit einfachen Zetteln, auf dem ein möglicher Linienplan markiert war. ?Der ist heute übrigens fast genau so, wie vom Club geplant?, schmunzelt sie.

Als Schnittstelle zur Verwaltung und Politik machte sich das Quartiersmanagement bei der LVB stark, bezog auch das Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung mit ein, gewann Sponsoren. Am 19. März 2011 ging der Grünolino auf seine Jungfernfahrt. Seine Probezeit wurde auf zwei Jahre festgelegt. ?Wir gehen jetzt wieder in die Planung für die nächste Phase und fest davon aus, dass die Resonanz so gut ist, dass er verlängert wird. Die Nutzung ist etwas höher als die ursprüngliche Kalkulation, wir sind also auf gutem Weg?, so Antje Kowski. Unter anderem fährt der Bus den Ratzelbogen, das Bürgeramt und Sozialamt an, das Ärztehaus im WK8 sowie die Robert-Koch-Klinik. Start- und Zielpunkt ist immer das Allee Center, das neben Wohnungsunternehmen und weiteren Sponsoren einen Großteil der 50-prozentigen Kosten übernimmt. ?Das Allee Center wird immer wieder als häufigstes Ziel in Grünau genannt, es ist über die Jahre zum kulturellen und kommunikativen Zentrum geworden?, erzählt die Quartiersmanagerin.

Nächstes Projekt: Open Air-Bühne
Das nächste Projekt steht schon an: Gemeinsam mit Bürgern soll eine Fläche im Wohnkomplex 2 gestaltet werden. Dort, wo einst ein 16-Geschosser stand und nun lediglich eine Rasenfläche angelegt wurde, ist eine Freilichtbühne für das Theatrium vom großstadtKINDER e.V. geplant.

Außenwahrnehmung steigern
Wichtig ist für das Quartiersmanagement, die Außenwahrnehmung zu steigern. ?In Anlehnung an die Entwicklungsstrategie bis 2020 der Stadt Leipzig wollen wir zeigen, dass Grünau neben den oft genannten Schwächen viele Stärken hat. Gerade was den Bereich Bildung angeht. Wir haben hier den größten Anteil an Schulen in der Stadt. Schulen und Kitas vernetzen sich, gehen gemeinsam ihre Potenziale an?, sagt Antje Kowski. Aber auch in Kunst und Kultur geschehe viel, gerade für die Kreativwirtschaft gebe es viele Potenziale. Nicht zuletzt ist Grünau das, was der Wortsinn hergibt: Grün: Die Grünauer Lachen, der Kulkwitzer See, der Schönauer Park sind nur einige Beispiele. Dazu kommen die Innenhöfe der Plattenbauten, die allesamt begrünt sind. Zudem sei in Grünau vieles fußläufig zu erreichen, da der Verkehr aus den Fußgängerzonen herausgenommen wurde.

Vielfältiges Wohnen
Dass sich Grünau stetig wandelt, sieht man vor allem daran, was hier mit der Bausubstanz passiert. ?Die? Grünauer Platte gibt es kaum noch, Eigentümer wären zunehmend bereit, sehr viel zu investieren. So gebe es mittlerweile Terrassenhäuser und vor allem energetisch sanierte Häuser sowie Modellprojekte. Außerdem würden viele Wohnungen verändert. ?Da werden Bäder verlegt, Durchbrüche vorgenommen und einfach die Wohnung komplett umgestaltet?, so Kowski.

Ein ganz normaler Stadtteil
Für die Zukunft Grünaus wünscht sich Antje Kowski, dass Grünau positiver ins Gedächtnis der Leipziger rückt. ?Wir sind ein ganz normaler Stadtteil, der vor allem vom Engagement seiner Bürger lebt. Hier ziehen alle mit, das ist ein sehr schönes Arbeiten. So etwas hat man nicht oft. Und ich finde, das müsste mehr in der Öffentlichkeit gewürdigt werden?, so die Quartiersmanagerin.

Daniel Große

Quelle: www.lvz-immo.de