„Großer Laden für ganz kleinen Geldbeutel“

Neues Angebot der Caritas in Grünau vermittelt Kleidung, Hausrat und Möbel – Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 03.02.09:

Grünau, Alte Salzstraße 54: Die Schaufenster dieser Geschäftszeile lassen in ein wohl sortiertes, liebevoll gestaltetes Inneres blicken. Vorerst weisen lediglich kleine Din-A-4-Aushänge an den Scheiben auf den Caritas-Laden hin, der hier erst Mitte Januar eröffnet worden war. Auf 300-Quadratmetern. Mit einem relativ großen Angebot für den kleinen Geldbeutel.
?Wir haben die bisherigen Caritas-Läden Merseburger Straße und Liliensteinstraße jetzt in Grünau gebündelt, wobei wir hier nun auch einen Möbeldienst und einen Wohnungssuchdienst vorhalten können?, erklärt Henriette Stöhr-Menze vom Laden-Projekt und betont nochmals: ?Die hauseigene Beratungsstelle, Familienbildungsangebote, das Kinderhaus sowie die Schulsozialarbeit finden weiterhin im Caritas-Familienzentrum Liliensteinstraße 1 statt?.
In der neuen Grünauer Einrichtung hat indes vor allem der Möbeldienst eine Riesenresonanz. ?Wir haben erst vor reichlich zwei Wochen die Arbeit aufgenommen und platzen schon fast aus allen Nähten?, sagt Teamleiter Wilfried Schrewe. ?Wer gut Erhaltenes anbietet, wird von einem von uns zunächst besucht und der schaut, ob es wirklich zur Weitergabe taugt?, so Stöhr-Menze. ?Bisher kam es aber kaum vor, dass wir jemanden sagen mussten ,Wir sind nicht die Müllabfuhr??, flicht Schrewe schmunzelnd ein. Er und die seinen ? alles in allem vier ABM-Mannen und (hoffentlich bald) noch zwei Kräfte auf Kommunal-Kombi-Lohnbasis ? holen dann das Spendengut ab. Gratis, aber selig über eine kleine Spende für ihren Wohlfahrtsverband. Denn Dinge wie Sprit kosten ja auch. Im Laden-Lager möbeln Schrewe und Co. die Möbel noch ein wenig auf. Sprich, polieren sie oder erledigen kleinere Reparaturen ? tauschen etwa ein wackliges Scharnier aus, ziehen lockere Schrauben fest. Und so warten denn derzeit nun Spülen, Singleküchen, Schränke, Bettgestelle, Tische, Stühle, einige Teppichrollen und dergleichen auf neue Besitzer. Der Polster-Zweisitzer plus Sessel etwa für 20 Euro, die Singleküche für 60. Wer als Kunde zugreifen mag, muss allerdings seine soziale Bedürftigkeit ? meist per Leipzig-Pass ? nachweisen.
?Große Stücke liefern wir gegen eine Transportpauschale, je nach Entfernung zwischen fünf und sieben Euro, auch aus. Für weitere fünf Euro bauen unsere Männer zerlegte Teile wie bei Schränken auf Wunsch vor Ort auf?, so Stöhr-Menze. Allerdings sei dieser Service gar nicht so leicht koordinierbar. ?Wir haben derzeit nur einen einzigen Transporter, könnten, so wie sich die Dinge hier entwickeln, gut noch einen zweiten brauchen.?
Während Schrewes Leute ein neu hereingekommenes großes schwarzes Regal von der Laderampe ins Lager schieben, legt Hannelore Gürke ? laut Stöhr-Menze eine der treuesten Ehrenamtsseelen ? gespendete Herrenschlafanzüge zur Auslage im Verkaufsraum fein säuberlich zusammen. Diverse Säcke neben sich, in die ab und an ein doch unbrauchbares Teil fliegt. Oder eines, das dringend nochmal waschbedürftig ist, ehe es an den Mann gebracht wird. ?Es freut uns natürlich, wenn die Leute ihre Sachen gewaschen und gebügelt abgeben. Aber das ist ja nicht immer der Fall. Also holen wir das eben im Familienzentrum Liliensteinstraße nach?, erklärt Gürke. Ihre Kolleginnen sind derweil im Laden-Revier im Kundenkontakt. Insgesamt sind es vier ABM-Frauen, die wöchentlich stundenweise abwechselnd von insgesamt 17 freiwilligen Helfern wie Frau Gürke unterstützt werden. Anbieten können sie vom Brautkleid oder der Großgardine zu 20 Euro beispielsweise bis hin zum Strampler so um die drei Euro nahezu alles. Auch Haushaltgeschirr, Handtücher, Bettwäsche, Lampen, Kaffeemaschinen, Staubsauger ? wobei Letzteres als Spendengut noch sehr gefragt ist.
Leute, die den neuen Laden begrüßen, gibt es (leider) zahlreich. ?Wissen Sie, ich habe 35 Jahre lang im DDR-Gesundheitswesen gearbeitet, in der Altenpflege. Das war damals schwere Arbeit, ich habe mich gesundheitlich kaputtgemacht. Ich bin zu DDR-Zeiten auch noch geschieden worden ? heute muss ich von einer sehr kleinen Mindestrente leben. Ich kann ja kaum woanders einkaufen?, sagt eine knapp 70-jährige Grünauerin, die sich gerade einen Pulli zum symbolischen Preis ausgesucht hat. ?Ich denke schon, dass sich das Angebot hier ganz ganz schnell herumsprechen wird?, winkt sie ab.
Darauf setzen auch Stöhr-Menze und ihre Mitstreiter. Immerhin hatten sie das leer stehende, arg abgewirtschaftete Gewerbeobjekt in der Alten Salzstraße zu Dezemberbeginn 2008 übernommen ? und nicht zuletzt mit vielen freiwillig eingelegten Schichten so freundlich hergerichtet, wie es sich heute präsentiert. Wer sich selbst davon überzeugen und die Laden-Projekte komplett kennen lernen mag, ist dort am 4. Februar ab 12 Uhr zum Tag der offenen Tür willkommen. Angelika Raulien

Geöffnet hat der Caritas-Laden:
montags 12 bis 17, dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr.
Tel./Fax 0341 9740018, E-Mail caritasladen@caritas-leipzig.de

Quelle (Text + Foto): Leipziger Volkszeitung vom 03.02.2009