„Grillen, Rodeln, Baden, Tauchen, Skifahren“

Genuss pur: Winter am Kulkwitzer See
Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 11.01.2010:

Wenn da kein Wintermuffel schwach wird?! Hochbetrieb am Kulkwitzer Strand. Dabei trägt die Natur ein weißes Kleid. Na und? Gerade deshalb seien sie gekommen, versichern Dauercamper, Eisbader, Taucher, Langläufer und viele Spaziergänger. Bloß für die Eisflitzer hat die Leipziger Badewanne momentan noch nichts zu bieten. Lebensgefahr beim Betreten der überall noch viel zu dünnen Eisschicht!
Doch aufs Glatteis lassen sich die See-Gäste auch nicht locken. Bei Bratwurst und Glühwein versammeln sich vielmehr rund 80 Dauercamper um Vereinsvorsitzenden Günter Schultze. „Der zweite Sonnabend im neuen Jahr ist für uns ein fester Termin, da heißt es die kommende Saison angrillen“, sagt Schultze, der seit einem Jahrzehnt die Interessen der 127 im Verein zusammengeschlossenen Parzellen bündelt. Seit nach der Wende der Campingplatz nicht mehr nur von Mai bis Oktober zur Verfügung steht, sondern rund ums Jahr genutzt werden kann, lassen die meisten nicht nur ihre Wohnwagen rund ums Jahr dort stehen. Sie bewohnen sie auch zu jeder Jahreszeit. „Die Natur ist so schön hier, schauen Sie sich doch nur um“, schwärmt Gerhard Schechinger, der mit Ehefrau Christine gerade jetzt sein Freizeitquartier der Wohnung am Adler vorzieht. „Wir haben doch eine Umluftheizung, da ist es schnell schön mollig. Gibt’s dann nach einem Spaziergang in der herrlichen Landschaft mit der interessanten Tierwelt ein schönes Glas Tee mit Rum, dann ist die Welt in Ordnung.“ Dem können Vereinschef Schultze und dessen Lebensgefährtin Bianca Vater nur beipflichten. Aber auch die Gohliser Kerstin und Jörg Häusler schwärmen für ihr Domizil im Freien. Für ihre Kinder Lucy, John, Lina und Sarah sei vor allem der Rodelberg vor der Nase toll.
Dass Wintersport jetzt direkt vor der Haustür möglich ist, das freut auch Ralph Ebertz. Der Dauercamper aus Markranstädt hat sich fest vorgenommen, am Sonntag mit Ehefrau Monika auf den langen Latten zum Wohnwagen zu fahren. Auf eine gespurte Loipe können auch Rosemarie und Berndt Barth verzichten. In Lausen stiegen sie auf ihre Ski, zogen ihre Bahn nach Rückmarsdorf und sind schon wieder auf dem Heimweg. „Über Silvester waren wir in Oberwiesenthal und nun freuen wir uns schon auf unsere bevorstehende Reise mit dem Skiklub Borna in die Dolomiten. Dort geht es allerdings auf die Abfahrtsski“, so die Mittsechziger. Da komme ihnen zwischendrin ein wenig Warmlaufen entlang des neuen Radwegs Richtung Seebenisch oder im Küchenholz gerade recht.
Ihren Rodelschlitten haben Sybille und Peter Pacher samt ihrer fünf Kinder auf die höchste Erhebung am Kulki-Strand gezogen. „Seit wir uns in Leipzig nach einer Wohnung umgeschaut haben, sind wir in diesen See verliebt“, erzählt die Mutter von Felix, Allegra, Gabriel, Laetitia und Severin. Die Österreicher hat das Engagement des Vaters an der Oper Leipzig nach Sachsen verschlagen. Regisseur Peter Pacher, der zugleich Intendant der Wiener Kinderoper Papageno ist, probt momentan für die Wiederaufnahme der Fledermaus, die ab Februar an der Musikalischen Komödie gespielt wird.
Von Minusgraden und Flockentanz werden aber auch die Leipziger Delphine an den See gelockt. Während Ralph Buschmann, Peter Stängel und Felix Walther im warmen Vereinsquartier klönen, schlüpfen André Starke und Thomas Gressler in ihre Neoprenanzüge. An der Tauchbasis sei immer was los, sagen die Männer. Ein Tauchgang unter Eis sei schließlich etwas ganz Besonderes: „Das ist Extremsport. Nicht nur Ruhe, Totenstille. Die Fische wie erstarrt. Die ausgeatmete Luft perlt wie Quecksilber“, erzählt Starke begeistert. Mystisch sei das, unheimlich. „Du hast das Gefühl, du tauchst durch geschlossene Räume.“ Und dabei hängt er an einer Leine, die ein Vertrauter draußen hält und den Weg zum Einstiegsloch markiert. Starke: „Einfach ein bombastisches Gefühl!“
Gefühlsausbrüche anderer Natur haben nur wenig später ein knappes Dutzend Eisbader der Leipziger Pinguine. Auch sie machen nicht viel Federlesens. Bei minus drei Grad Celsius im Freien sei es doch besser, rasch im zwei bis drei Grad warmen See abzutauchen, sagt Carmen Puckelwaldt. Drum flink den Körper aufgewärmt, die Kleider abgelegt und mit einem lauten Jauchzer hinein in die Fluten. Ingolf Baumbach, Ulrich Reisenberg, Detlef Heine, Vereinschefin Gisela Drya, Ferdinand Bodusch und Karla Waldleben gehören unter anderen zu der familiären Truppe, für die der Winter am See ein Genuss ist. Cornelia Lachmann

Quelle (Text + Foto): Leipziger Volkszeitung vom 11.01.2010