„Feinstaubmangel in Grünau“

Vor kurzem wurden die neusten Feinstaubwerte veröffentlicht. Nach diesen Werten hat Grünau mit die sauberste Luft in ganz Sachsen, sehr sauberer als der Rest Leipzigs. Dies sagt Dr. Leo Kasek, u.a. Mitglied des Naturschutzbundes und des ADFC:

Grünau hat, obwohl Teil des stark durch Feinstaub belasteten Leipzig, mit die sauberste Luft in Sachsen. Es gibt keinen Teil einer anderen sächsischen größeren Stadt, der hier mithalten kann. Nur in abgelegenen Ecken im Erzgebirge und im Voigtland hat die Luft noch weniger Feinstaub. Das ist leider bisher weitgehend untergegangen. Ursache sind vor allem die Fernwärmeversorgung und di Verkehrsführung. Fernwärme emittiert nichts und die Stadtwerke haben leistungsfähige Filter, so daß das Problem auch nicht einfach woanders hin verschoben wird. Die neuen Häuser auf dem Kasernengelände heizen mit Gas. Die dabei entstehenden Feinstaubmengen sind aber sehr gering. Richtige Dreckschleudern sind Öfen und Kamine, die mit Holz gefeuert werden. So etwas gibt es in Miltitz, in Lausen und in einigen EFHs in Schönau. Eine Holzpelletheizung produziert 200 mal soviel Feinstaubwie eine Gasheizung gleicher Leistung, eine Scheitholzanlage sogar das 3.000-fache.

Grünau hat in den Wohngebieten fast nur Anliegerverkehr. Die Straßen gehen um die großen Wohnkomplexe herum. Abkürzen kann man nichts, wenn man auf der Durchreise da reinfährt. […]

Wichtig ist auch der Kulkwitzer See, im Sommer ist das Wasser kühler als die Umgebung, vor allem die Stadt. In diesem Kälteloch sinkt die Luft ab und fließt dann in Richtung wärmeres Stadtzentrum ab. Dabei nimmt sie Feinstaub und giftige Gase mit. Schwacher Wind muß dabei den See umgehen: Durch die absinkende Luft steigt über dem Wasser der Luftdruck. Nur kräftiger Wind fegt einfach drüber. Aber der Effekt ist der gleiche: Bei sehr schwachem Wind wird die heranströmende Luft auf Umleitungen gezwungen. Bei starkem Wind fegt der Schmutz durch und kann sich nicht absetzen. Das schützt Grünau vor Feinstaub aus dem Umland. Vom Stadtzentrum her bildet das dicht bebaute Lindenau eine Barriere: Nur Ratzelstraße, die S-Bahntrasse, Lützner und Lyoner Straße bilden wirksame Durchlässe. Aber hier werden Filter wirksam: das Hafengelände, der Schönauer Park, der Robert-Koch Park und dielen Bäume und Sträucher überall in Grünau. Im Winter ist das Wasser wärmer als die Umgebung, solange der See nicht gefroren ist. Vor allem an frostigen Tagen bildet sich dann über dem See eine Säule aufsteigender Luft, die wie ein Staubsauger den Feinstaub abtransportiert. Ob Sommer oder Winter – die Temperaturschiede See/Grünau sorgen immer für Luftbewegung und damit für besseren Abstransport des relativ wenigen in Grünau anfallenden Feinstaubes.

Feinstaub ist übrigens hochgradig gesundheitsschädlich: Die winzigen Staubteilchen werden vom Flimmerepithel in Luftröhre kaum zurück gehalten und durchdringen die Wand der Lungenbläschen. Einmal im Kreislauf können sie alle Organe angreifen. Vor allem Krebs und Herz-/Kreislauferkrankungen sind die Folge. Zu DDR-Zeiten war die Feinstaubbelastung übrigens deutlich niedriger: Es gab viel mehr groben Staub. Der bindet den Feinstaub und da er sich sehr viel schneller am Boden absetzt, hilft der grobe Staub die aggressiven Minipartikel zügig aus dem Verkehr zu ziehen. In gewisser Weise ist das Feinstaubproblem ein Ergebnis der wirksamen, aber unvollkommenen Luftreinhaltepolitik. Technisch ist das Feinstaubproblem beherrschbar. Außerdem gab es in der DDR deutlich weniger Autoverkehr.

Grünau ist der gesündeste Teil Leipzigs und wer sich dann noch reichlich an der sauberen Grünauer Luft bewegt, auf seine schlanke Linie achtet und sich gesundheitsbewußt ernährt, kann schon mal anfangen, seinen 100. Geburtstag bei guter Gesundheit zu planen, falls er nicht gerade Raucher oder Alkoholiker ist.

Dr. Leo Kasek

(Anmerkung: Beitrag leicht gekürzt)