Eröffnung „Urbaner Wald“ in Grünau

Das seit Beginn 2007 laufende Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben „Ökologische Stadterneuerung durch Anlage urbaner Waldflächen auf innerstädischen Flächen im Nutzungswandel ein Beitrag zur Stadtentwicklung“ wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN)gefördert und der Stadt Leipzig getragen und koordiniert. Die im Februar 2008 abgeschlossene Voruntersuchung und die Planung der ersten Modellfläche haben die Stadt und das Büro Irene Burkhardt Landschaftsarchitekten durchgeführt. Die wissenschaftliche Begleitung des im März 2009 gestarteten Hauptvorhabens erfolgt bis 2014 unter Leitung der TU Dresden/Institut für Landschaftsarchitektur. Mit Hilfe des Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens sollen die besonderen Bedingungen für die gesteuerte Entwicklung innerstädtischer Waldflächen ermittelt und dabei gesammelte Erfahrungen anderen Anwendern zur Verfügung gestellt werden.

Weitere Informationen zur Modellfläche und zum Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben erhalten Sie im Stadtplanungsamt Leipzig, Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung, Telefon: 0341 123-4804 sowie im Bundesamt für Naturschutz, Außenstelle Leipzig.

Die Idee

Brachen in der Stadt können als Freiflächen einen wertvollen Beitrag zum ökologischen Stadtumbau leisten. Dabei gewinnen Nutzungen an Bedeutung, die in Herstellung und langfristiger Bewirtschaftung kostengünstig sind und die Lebensbedingungen für Mensch und Natur vorteilhaft gestalten und schützen. Als spannende Alternative zu den bekannten Grün- und Freiflächen bietet sich die Entwicklung von kleinen Wäldern inmitten bebauter Stadtquartiere an. Dafür geeignete Flächen sind meist zwischen 0,3 bis 10 Hektar groß und werden vorrangig in Stadtquartieren mit geringem Grünanteil und belastender Umweltsituation gesucht. Sie bilden deshalb ein attraktives und robustes Angebot für Erholungssuchende und werten das Wohnumfeld auf. Der neue Freiflächentyp „Urbaner Wald“ vereinigt in seiner Gestaltung, Bewirtschaftung, Wirkung und Nutzbarkeit Aspekte der Forstwirtschaft, Stadtökologie und Landschaftsarchitektur.
Wirtschaftliche Überlegungen spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Nutzbarkeit der entstehenden Freiflächen. Deshalb nehmen Gestaltung und Ausstattung auf die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung und deren Lebensqualität Bezug. Die Akzeptanz durch die Nutzer ist ein wesentliches Anliegen.

Die Geschichte

Zur Schaffung von modernem Wohnraum für die Leipziger wurde 1982 im Rahmen des Wohnungsbauprogramms der DDR an der Neuen Leipziger Straße eine Wohnbebauung mit 550 Wohnungen in Plattenbauweise errichtet, zu der auch ein gestalteter Fußgängerbereich mit zwei Funktionsbauten, Aufenthaltsbereichen und Wegeverbindungen und eine Grüngestaltung gehörten. 2007 wurden mit Städtebaufördermitteln die inzwischen leerstehenden Wohnblöcke abgerissen und durch eine große Grasfläche unter Erhalt der wichtigen Wege ersetzt. 2012 wurden nach dem Umzug des „Theatriums“ auch der Flachbau und der Parkplatz an der Plovdiver Straße rückgebaut und standen für die Gestaltung einer „neuen grünen Mitte im Quartier“ im Rahmen des Stadtumbauprogramms zur Verfügung. 2013 wurde diese Fläche als Modellfläche des „Urbanen Waldes“ mit Aufforstungsflächen, Aufenthalts- und Spielbereichen und sanierten Wegeverbindungen errichtet.

Die Realisierung

Das 5,5 Hektar große Gelände der heutigen Fläche wurde als zweite Modellfläche im Rahmen eines Erprobungs- und ntwicklungsvorhabens zur Verbindung von Stadtumbau und Stadtnaturschutz realisiert. Die Gestaltung orientiert sich an der stadträumlichen Situation den wichtigen fußläufigen Verbindungen zwischen Wohnungen, Haltestellen von Bus und Bahn, Schulen, Kindergärten.
Sie berücksichtigt den erhaltenswerten Baumbestand, öffentliches Grün und das Geländerelief. Die Waldquartiere sollen möglichst große zusammenhängende Flächen bilden. Geborgenes Material wird für die Wegebeläge, Sitzelemente und in Form von skulpturalen Einbauten zur Erinnerung an das frühere Gesicht des Standortes wiederverwendet. Alte Wegeabschnitte und neue Bereiche zum Verweilen, Spazierengehen und Spielen wurden integriert und Hochsitze ermöglichen den Blick aus der Vogelperspektive, bis die Schutzzäune der Aufforstungen mit Erreichung der gesicherten Kultur entfernt werden können.
Der künftige Wald wird durch die Auswahl der Baumarten geprägt, zu denen neben den Waldbaumarten wie Hainbuche und Linde z. B. Eberesche, Elsbeere und Speierling und Straucharten für die Waldrandbildung zählen, damit ein mittelhoher, abwechslungsreicher Wald mit Durchblicken und jahreszeitlich geprägtem Erscheinungsbild entsteht.
Die Umgestaltung beinhaltet zwei Aufenthaltsbereiche, denen jeweils ein Aussichtsturm zugeordnet ist. Einer befindet sich im Norden am Verbindungsweg zu den Schulen. Die Fläche wurde nach Vorschlägen der Schüler gestaltet. Ein weiterer befindet sich am südlichen Hauptverbindungsweg zwischen Neuer Leipziger Straße und Plovdiver Straße und ist mit Streetballanlage, BMX-und Skaterfläche sowie zahlreichen Sitzmöglichkeiten ausgestattet.
Urbane Wälder haben neben den Vorteilen, kostengünstig Stadtumbauziele mit denen des Naturschutzes zu verbinden, den Nachteil einer längeren Entwicklungszeit als herkömmliche Grünanlagen, weil sie zum überwiegenden Teil mit Pflanzen aus Forstbaumschulen hergestellt werden. Dies erfordert Aufmerksamkeit, Geduld und einen rücksichtsvollen Umgang seiner Nutzer. Der entstehende Wald wird in die Obhut der Stadtforstbehörde übergeben. (siehe dazu auch unten stehende Interviews)

Quelle: Stadtplanungsamt


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