„Eine Viertelstunde Urlaub“

Vorschulkinder besuchen auf ihrer „Löwentour“ Leipzigs Oberbürgermeister – Artikel der Kleinen Leipziger Volkszeitung (Stadtleben) Süd vom 30.11.2012:

Die Vorschulkinder der Kita „Am Kirschberg“ gehen ihr letztes Jahr im Kindergarten auf „Löwentour“. Die heimatverbundene Erzieherin Regina Hinz hatte beschlossen, ihren Schützlingen die Stadt Leipzig und deren Kultur näher zu bringen. Ob Oper, Nikolaikirche, Vogelschutzlehrstätte oder Rathaus – für die Kinder gibt es immer wieder Neues zu entdecken. In loser Folge stellen wir verschiedene Stationen vor. Heute: das Neue Rathaus.
Kein schöner Tag, um auf „Löwentour“ zu gehen. Leipzig ver-sinkt im Nebel. Dennoch wissen die Vorschüler, dass links und rechts des Haupteinganges Löwenstatuen aus Stein zu finden sind. Also wird fix ein Foto gemacht. Dann geht es hinein.
In der unteren Wandelhalle warten 18 Vorschüler auf den Beginn ihrer Besichtigungstour. Hinz ist inmitten der Menge und stimmt die Kinder schon mal auf eine Besonderheit ein: den Besuch bei Oberbürgermeister (OBM) Burkhard Jung. Sarah (5) kennt den OBM noch nicht und ist gespannt wie er wohl ist. Paul (6) kennt das Stadtoberhaupt und ist ganz aufgeregt, denn er hat eine Frage, die er ihm stellen möchte: „Wann wird die S-Bahn in Grünau wieder fahren?“
Erzieherin Barbara Krause freut sich, dass ihre Schützlinge so neugierig sind. Ganz bewusst hat sich Krause für diese Tour entschieden. Sie hat seit Beginn des letzten Kindergartenjahres die Löwentour aus den Händen von Hinz übernommen, denn die Begründerin wird bald in Ruhestand gehen.
Da taucht auf einmal ein junger Mann in der unteren Wandelhalle auf. „Ist das der Oberbürgermeister?“, fragt Sarah erstaunt. „Nein“, antwortet Krause mit einem Lächeln. „Schade“, ist dann von Sarah nur noch zu hören. „Hallo Kinder. Ich bin Tobias David, der persönliche Referent des Oberbürgermeisters. Wisst ihr denn wer das ist?“ Valentin ist der erste, der sich meldet: „Ja, Burkhard Jung.“ „Richtig und er hat jetzt Zeit für euch.“
Beim Blick in das Amtszimmer des Stadtoberhauptes verschlägt es den Kindern den Atem. Der OBM selbst wird dabei fast zur Nebensache. „Was ist denn das?“, Valentin hat ein Flugzeug entdeckt. Der OBM nimmt es von seinem Schrank. Sogleich ist er umringt von Kindern. „Das ist ein Airbus. Den habe ich geschenkt bekommen.“ „Cool“, finden Valentin und seine Freunde.
Brigitte Bachmann, Leiterin der Kita, fordert ihre Kinder auf: „Fragt doch mal, was ein OBM so macht!“ Mit großen Augen schauen die Kinder zu ihm auf. „Och, ich sitze hier nur so rum“, sagt dieser mit einem Augenzwinkern. „Nein“, das wissen die Vorschüler. „Aber erzählt mir doch erst mal, wer ihr seid und was ihr hier macht“, bittet der OBM. „Wir sind von der Kita ‚Am Kirschberg‘ und machen eine ‚Löwentour'“, antwortet Christian. „Und was ist die ‚Löwentour'“?, möchte der OBM wissen. „Da machen wir Ausflüge ohne die Kleinen, denn wir kommen bald in die Schule“, so Christian weiter. Und dann erzählen die Vorschüler was sie in Leipzig alles schon besucht haben. „Und nun erkundet ihr das neue Rathaus?“ Ja, sagen die Kinder. „Und was glaubt ihr, mache ich hier nun?“ „Du sagst, was man machen soll, wenn was kaputt ist und repariert werden soll“, sagt Christian frei heraus. „Manchmal kann ich das, und manchmal muss ich dazu jemanden befragen – nämlich den Stadtrat. Das sind 70 Leute von den Leipzigern gewählt.“ Offen erzählt der OBM von seinen Aufgaben, von seinen Vorort-Terminen und, dass die S-Bahn in Grünau ihm genauso am Herzen liegt.
Er nimmt sich Zeit, schaut nicht einmal auf die Uhr, hört geduldig zu und möchte schließlich ein Lied singen. Verdutzt schauen die Kinder zu, wie der OBM seine Gitarre holt und das Lied „Und die Katze tanzt alleine“ von Frederik Vahle anstimmt. Woher er das Lied kennt? „Na von meinen Kindern. Das haben wir immer gesungen und die Autofahrt ging dann schnell vorbei.“ Das Schöne am Lied sei, dass man eigene Strophen erfinden kann. Die Vorschüler sind begeistert, singen dem OBM ein Herbstlied vor. „Kinder sind etwas wunderbares. Der Besuch von ihnen ist immer wieder schön. Das ist für mich eine Viertelstunde Urlaub“, findet Jung.
Nannette Hoffmann

Quelle: Kleine Leipziger Volkszeitung (Stadtleben) Süd vom 30.11.2012