„Eine Kiste voller Ideen“

Ausstellung in der 94. Mittelschule zeigt Gegenwart und Zukunft – Stadtleben vom 09.09.11:

Papiermüll auf Bänken und Fußböden, umgekippte Stühle, Essensreste und andere Hinterlassenschaften – sieht so ein Klassenzimmer in der 94. Mittelschule aus? „Nein, zum Glück nicht“, sagt Cindy Bittner. „Wir haben den Raum extra stark verschmutzt, um durch Übertreibung zu verdeutlichen“, so die Deutsch- und Kunstlehrerin.
Das temporär vermüllte Zimmer ist Teil der Ausstellung „Kaputt“ der Projektgruppe Galerie 94. „Die Idee, das Aussehen unseres Schulhauses zu verbessern, besteht schon länger“, erzählt die junge Lehrerin. „Gemeinsam mit Lena Seik, Kunst-vermittlerin an der Galerie für Zeitgenössische Kunst, haben wir im Februar begonnen, das Projekt umzusetzen.“
Wir, das sind die Schülerinnen und Schüler der siebten bis neunten Klassen, die den Neigungskurs Kunst und Kultur belegen. Fotos von den Schwachstellen wurden geschossen, ein Modell der Wunsch-Schule entworfen, Schülerbefragungen durchgeführt und auch ein kleiner Foto-Roman inszeniert. Am Montag war es soweit: „Kaputt“ wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. Eingeladen waren nicht nur die Eltern der Schüler, auch Jugendamtsleiter Siegfried Haller und Ralf Berger, Leiter der Leipziger Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur, waren gespannt auf die Ausstellung.
Jennifer aus der Neunten führte die Besucher durch die Schau, die auch den Sanierungsbedarf des über 30 Jahre alten Plattenbaus thematisiert. „Wir zeigen unsere Schule wie sie ist und wie wir sie uns in Zukunft wünschen. Hier“, weist die Schülerin auf die Fotowand mit den Aufnahmen von abgeblätterter Farbe, Schmutzflecken und Krakeleien.
Ist den Schülern der Zustand ihrer Schule egal? „Viele achten nicht drauf. Aber ich glaube nicht, dass sie sich wohlfühlen“, meint Jennifer. Und wie finden sie die Ausstellung? „Manche gehen vorbei und gucken nicht hin oder tun so, als würde es sie nicht interessieren. Deshalb müsste sich im Unterricht mehr damit auseinander gesetzt werden“, fordert das blonde Mädchen. „Jeder sollte sich für seinen Platz verantwortlich fühlen.“
331 Schüler besuchen die 94. Mittelschule in Grünau, die auch Unesco-Projektschule ist. Nicht nur Grünauer sind darunter, sondern auch Lindenauer, Miltitzer oder Reudnitzer. „An unseren Lehrern ist nichts auszusetzen. Und auch den Hof finden wir total okay.“ Bewusst ist den Mittelschülern auch, dass die Lage, mitten im Grünen, schon etwas Besonderes ist. Eigentlich hat die „94ste“ alle Voraussetzungen für eine rundum schöne Schule. Doch es muss etwas geschehen, sind sich Lehrer und Schüler einig: „Ein Anfang ist gemacht. Wir wollen den Kreislauf aus Verfall, Frust, Missachtung und Verschmutzung unterbrechen. Einige Neuerungen in der Ausstattung und Gestaltung wurden bereits vorgenommen, dennoch gibt es noch viele Baustellen, die wir nicht allein bewältigen können.“ Schritt für Schritt soll sich etwas ändern. „Wir hoffen auch auf ihre Unterstützung“, wendet sich die Projektgruppe an die Eltern. Eine Wunschschule braucht viele Akteure.
Ingrid Hildebrandt

Quelle: Kleine Leipziger Volkszeitung (Stadtleben) Süd vom 09.09.2011