„Die Wurst plagt Bauchschmerz“

„Die Wurst plagt Bauchschmerz“ –
Theatrium-Premiere
– Artikel der SZENE LEIPZIG (Leipziger Volkszeitung vom 18.05.2009):

Der eine segnet eine Sprühflasche, der nächste erklärt das Sofa zum einzig sicheren Ort. Andere beißen ab von einem Stück Butter. Denn immerhin kurble das die Wirtschaft an. Wenn Engel mit Scheinen wedeln, man statt Hostien Geld auf die Zunge gelegt bekommt und der Pfarrer eine Sprühflasche segnet, so ist man sicher nicht in der Kirche. Man ist im Theatrium. Als es am Freitag in Grünau draußen immer dunkler wurde, gingen in dem bemalten Flachbau drinnen die Scheinwerfer an ? für die Premiere von ?Die Glaubensmaschine oder Wie die Ratte selig wurde?.
Die Eingangsmusik erinnert an eine Totenmesse. Es scheint die Wirtschaft zu sein, die begraben wird. Das Publikum lernt, dass die Gesellschaft Gott produziert und konsumiert, während ein schwangerer Elvis die Welt zum Tollhaus und das Brot für tot erklärt. Werden wir die Krise am Ende einfach ausscheiden?
Man wird hineingeworfen in ein Geschehen, das mitreißend und verwirrend zugleich ist. Das auslösende Ereignis, um das sich die Handlung dreht, ist die Wirtschaftskrise. Sie wird dramatisiert, banalisiert und dadurch relativiert. Dabei nimmt auch die Religion eine zentrale Position ein. ?Die Auswirkungen der Krise versuchen viele mit dem Glauben zu kompensieren?, meint Saskia Ritter, 19, Darstellerin in dem Stück. Ihre Religiosität bekommen die jungen Figuren über eine Gasmaske eingeflößt, über die ?Glaubensmaschine?. Starke Kritik an der Kirche? ?Die Aussagen sind mannigfaltig?, erklärt Ricardo Endt, einer der Projektleiter. Doch wenn ein Engel und eine Wurst Blätter mit der Aufschrift ?Gehet zur Kirche! Die Antwort auf die Krise? verteilen, ist es wohl nicht ganz ernst gemeint.
Oder ist der Weg aus der Krise doch nur 25 Minuten vom Leipziger Stadtkern entfernt? Nun ja, eine eindeutige Lösung zur Rettung der Wirtschaft liefert auch die Inszenierung nicht. Aber ?wir brauchen Krisen?, findet Endt. Sein Kollege Thomas Deubel scheint von der Wirtschaftslage ebenso wenig beeindruckt: ?Ich bin stolz auf euch, uns, das Theatrium und die Welt?, erklärt er, als er nach einer gelungenen Vorstellung den Mitwirkenden zuprostet. Zwischen 13 und 20 Jahren sind die Schauspieler alt. Sie schlüpfen souverän in unerwartete Rollen. Das finden auch die Zuschauer. ?Das ist das beste Stück des Theatriums?, beurteilt die 19-jährige Alina Zayika. ?Es ist provokant und regt zum Nachdenken an. Um es vollkommen zu erfassen, müsste man es sich mehrmals anschauen.?
13 Schauspieler, ein originelles Bühnenbild und ironische und witzige Texte machen einen Besuch lohnenswert. Das Publikum lacht ? und es denkt nach. Eine Prostituierte verkündet, dass ?alles nicht so schlimm? sei. Man glaubt es ihr. Etwas anderes möchte man inmitten einer Weltwirtschaftskrise doch gar nicht hören. Katharina Heymann

Nächste Vorstellungen der ?Glaubensmaschine? im Theatrium (Miltitzer Allee 52): Freitag, 22.05.09 und Samstag, 23.05.2009 jeweils 20 Uhr, Karten: 0341 9413640; www.theatrium-leipzig.de