„Daheim unterwegs“

Johannes Burkhardt zeigt seine Sicht auf Grünau
Kleine Leipziger Volkszeitung (Stadtleben) Süd vom 20.07.12:

Ein Blätterwald, verdichtet zu einem Bild aus Grüntönen mit blauen und ockergrauen Schattierungen, zieht die Blicke der Betrachter an. Ein anderes Bild zeigt Alleebäume, die einen Spaziergänger meterhoch umrahmen. Grünauer Motive? Ja und nein. „Ich will den Menschen zeigen, was sie sehen könnten, wenn sie verstehen hinzusehen“, sagt Johannes Burkhardt. „Wenn ich male oder schreibe, kann ich abheben aus dem realen Milieu. Die Betonwände scheinen zurückzuweichen und mir öffnen sich imaginäre Welten.“
Jetzt kann man mit dem Grünauer Künstler gemeinsam auf Endeckungsreise gehen: Unter dem Titel „Daheim unterwegs“ ist im Stadtteilladen in der Stuttgarter Allee eine Ausstellung mit Malerei und Grafik zu sehen. Die besondere Aufmerksamkeit von Johannes Burkhardt gilt dabei der Natur, welche er zur Architektur in Beziehung setzt. Als „Türmer“ sieht sich der Maler, wenn er aus den oberen Etagen seines Hochhauses blickt. „Überschaulandschaften zeigen auf grüne Wiese gestellte Architektur, die von Licht und Schatten überzogen ist. So erscheint die Platte – das feste Maß – verwandelt, verfremdet und erneuert von den Stimmungen der Tages- und Jahreszeiten. Davor entfaltet sich die Vegetation – üppig in verwirrenden Strukturen und Verästelungen: Lebendiger Tanz vor starrem Raster.“
Bereits seit 1982 lebt der Maler mit seiner Familie in Grünau. „Bäume und Sträucher sind herangewachsen: Grünau ist zur grünen Au geworden.“ Immer wieder ist der sich wandelnde Stadtteil Gegenstand seiner künstlerischen Auseinandersetzung. Die hohen künstlerischen Maßstäbe erhielt Burkhardt bereits während seines Studiums der Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, bekannte Maler wie Achim Metzkes oder Jürgen Böttcher (Strawalde) gehörten zu seinen Kommilitonen. Nach dem Studium folgten Jahre als freischaffender Künstler, doch auch Laien gab der heute 83-Jährige sein Wissen weiter, so als Studioleiter am Lindenau-Museum-Altenburg. Landschaften, Porträts und auch Wandmalereien entstanden im Lauf der Jahrzehnte – angekauft wurden seine Arbeiten unter anderem durch das Museum der bildenden Künste Leipzig.
Wenn der Maler „Daheim unterwegs“ ist, ist natürlich auch das Drinnen gemeint. Ein Aktmodell im Raum oder eine Frau zwischen Zimmerpflanzen strahlen „Leben, Wärme, Sinnlichkeit, Hoffnung aber auch Geheimnis“ aus. Mal sind die Bilder farbig überflutet, mal zurückgenommen. Mal in überwiegt kräftiges Rot, dann erinnert das Blau an jenes von Henri Matisse. „Ich mag Farbe, aber ich kann mich auch zurücknehmen“, zudem hängt es auch von der Lebenssituation des Betrachters ab, welche Assoziationen sie auslösen“, findet der Künstler.
Unterschiedlich sind die Wirkungen seiner Ölpastelle, Arbeiten mit Gouache, Tempera oder die Tuschzeichnungen auf Reispapier – was sie eint, sind die „Spiele zwischen ursprünglicher Idee und dem was beim Malen passiert.“ Gelingen sie, freue es ihn, wenn Kollegen sagen: „Mensch, das Bild hätte ich auch gern gemacht.“
„In meinem Alter sieht man Vieles anders. Man hat nichts mehr zu verlieren.“ Manchmal bedauere er, künstlerisch nicht noch „andere Wege probiert zu haben. Ich hab das Gefühl, ich hab‘ meine Hausaufgaben noch nicht ganz gemacht.“ Auf neue Entdeckungsreisen mit Johannes Burkhardt darf man sich also freuen.

Ingrid Hildebrandt


Johannes Burkhardt „Daheim unterwegs“,
Stadtteilladen Grünau, Stuttgarter Allee 19, geöffnet bis zum 9. August


Quelle: Kleine Leipziger Volkszeitung (Stadtleben) Süd vom 20.07.2012