„Bei uns gibt es kein Unkraut“

Gärtnern liegt im Trend. Allein 39.000 organisierte Kleingärtner gibt es in der Stadt. Die LVZ stellt Leipziger mit grünem Daumen vor. Ein Blick in Kleingärten, auf Balkone und in alternative Projekte. Heute: der Garten von Reina und Ernst Demele aus Grünau
LVZ vom 19.07.2016:


Reichlich blühend: Der Garten von Ernst und Reina Demele in Grünau. Neben Blumen wachsen dort auch viele Kräuter. Foto: Mathias Orbeck


Die Blutbuche wurde sicherlich Ende der 1930er-Jahre gepflanzt, als das Grundstück in Grünau gebaut wurde. Heute ist sie riesig und von besonderem Wuchs, sie bedeckt mit ihren herunterhängenden Ästen den Rand von vier Gärten. In einem davon haben Reina und Ernst Demele ihr grünes Paradies. Rund ums Haus in der Grünauer Siedlung, in dem sie nun fast 20 Jahre wohnen, blüht es das ganze Jahr über. Auch Kater Casanova, der seinen Namen dem Nachsteigen niedlicher Katzendamen verdankt, streift gerne durch die Beete, in denen er sich auch einmal verstecken kann. „Bei uns im Garten gibt es kein Unkraut – es wird alles aufgegessen“, sagt die Dame des Hauses verschmitzt und verweist auf die mehr als 100 Wildkräuter und Heilpflanzen, die überall wachsen. Gundermann, Agastache, wilde Möhre, Goldnessel, Malve, Schwarzkümmel, Habichtskraut und vieles mehr ist auf den Beeten zu finden. Gelegentlich kocht die Hausfrau sogar eine mit allerlei Zutaten verfeinerte Brennnesselsuppe. Auch Goldruten bekommen eine Chance. „Ich liebe ihre Blüten, deshalb lasse ich einige stehen“, so die 67-Jährige mit dem grünen Daumen. Phacelia hat sie ebenfalls gesät. Dieses Jahr macht ihr der Mehltau zu schaffen. Eine chemische Keule gibt es aber nicht. „Das meiste geht auch von alleine weg“, so ihr Credo. Doch auch Blumen aller Art sind reichlich in der Oase zu finden. Hinzu kommen nahezu 100 diverse Pflanzkübel rund um die gemütliche Terrasse und am Haus.

Der ehemalige Bürgerrechtler Ernst Demele, ebenso aktiv im Allgemeinen Deutschen Fahrradclub, im Notenspur-Förderverein und im Bürgerkomitee der „Runden Ecke“, schraubt derweil gern an den Rädern. Am Haus rankeln sich Weintrauben. Und die Pfirsiche wachsen wie verrückt, die der Eisenbahn-Bauingenieur selbst aus Kernen gezogen hat. „Die Gärtnerin bei uns ist aber eigentlich meine Frau“, betont der 75-Jährige. Dafür hat er ein Gehege für Wachteln gebaut, die bald angeschafft werden sollen. Die Enkel lieben Tiere, es gibt neben den Katzen auch Meerschweinchen. Enkelin Lotte hat ein eigenes Beet mit einem Schild, das Schnecken und Katzen das Betreten verbietet. Ob die das lesen können, sei dahingestellt. „Es ist schön, wenn sich die Kinder ums Grün kümmern“, sagt die Oma. Lotte verschönert den Garten auch durch ein kleines Kunstwerk, eine Tänzerin, die in der Montessori-Schule entstanden ist. Einen Steingarten gibt es ebenfalls auf dem Areal. „So richtig zufrieden bin ich allerdings noch nicht. Ich finde immer ein paar Stellen, wo etwas umgepflanzt werden muss, weil es da besser eben wächst“, sagt Reina Demele, die gern mal bei Nachbarn über den Gartenzaun schaut, um sich Anregungen zu holen.

Mathias Orbeck

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 23.07.2016