„Am Lindenauer Hafen geht’s mit voller Kraft voraus „


Baugrundstücke für 2,5 Millionen Euro verkauft / 500 Wohnungen und viele Angebote für Besucher geplant
LVZ vom 30.11.2015:


Drei Meter ragt der neue Hafenbalkon über den beginn des historischen Ankerbeckens von 1943 hinaus. Alle Wege und Platze ringsum sind nun fertig. Foto: Wolfgang Zeyen


Das Stadtentwicklungsgebiet am Linde­nauer Hafen hat nun ein eigenes Logo – und das hat offenbar Glück gebracht. „Ein neues Stück Leipzig“ heißt es in dem Signet, das durch rote Häuser, blaues Wasser und eine grüne Umgebung gekennzeichnet ist. „Mit dem ersten Bauantrag und dem im Frühjahr 2016 definitiv folgenden Start der Hochbaumaßnahmen wird nun die Entwicklung dieses neuen Stücks Leipzig noch besser sichtbar“, freut sich Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos). „Um die städtischen Ziele zur Qualität, Nutzungsmischung und Nachhaltigkeit zu erreichen, hatten wir einen zwischenzeitlichen Rückschritt bei der Vermarktung bewusst in Kauf genommen.“ Inzwischen zahle sich die sorgfältige Vorbereitung des Projekts aber aus.

Tiefgaragen durchgesetzt

Tatsächlich konnte die Kommune in den vergangenen Wochen Baugrundstücke für mehr als 2,5 Millionen Euro verkaufen. Das Los 2 gleich neben dem neuen „Wasserbalkon“ erwarb die Firma Otto Heil aus Taucha, die Lose 3 und 4 das Unternehmen Eyemaxx aus Aschaffenburg, das Los 5 die TOK Projektbau GmbH aus Leipzig. Offen seien nur noch die Lose 1 und 6d, wobei zu beiden Flächen schon grundsätzlich Einvernehmen mit weiteren Investoren bestehe, so Karsten Gerkens, Chef des Amtes für Stadtentwicklung und Wohnungsbauförderung (ASW). „Auch dort werden die Ergebnisse des städte­baulichen Wettbewerbs umgesetzt, zurzeit bügeln die Architekten nur noch ­einige Kritikpunkte der Jury aus. Bis Juni 2016 haben wir die Flächen des ersten ­Vermarktungsabschnitts komplett verkauft.“
Um zu verstehen, welche Wende das alles bedeutet, muss man kurz einen Blick zurückwerfen. Erst im Mai 2015 war der Hauptinvestor für das geplante Quartier abgesprungen. Die von der Stadt geforderten Tiefgaragen waren aus seiner Sicht zu teuer. Auch gab es Streit um die Frage, ob eine Landzunge, die in das alte Ankerbecken hineinragt, teilweise weggebaggert und in eine zusätzliche Wasserfläche verwandelt wird. Das Baudezernat wich dennoch nicht von seinen Qualitätsvorgaben für die Häuser ab. Es verpflichtete sich aber zugleich gegenüber dem Stadtrat, die Strategie zu überprüfen, falls nicht bis Juni 2016 eine Million Euro durch Grundstücksverkäufe hereinkommen. Diese Vorgabe wurde nun bereits weit überboten, erläutert Sebastian Pfeiffer, Projektleiter bei der kommunalen Erschließungsgesellschaft LESG, die soeben alle Bauarbeiten an der Infrastruktur des Hafenviertels abgeschlossen hat. Nun sind also die Wege und Plätze fertig, die Kaimauer ausgebessert, etliche Bäume gepflanzt. Nur die neue Zufahrtsstraße ab der Plautstraße wird erst zum Baustart für die Häuser im nächsten Frühjahr freigegeben. Grund: Dort fanden illegale Auto-Rennen statt.
Das Investoren-Interesse sei jetzt so groß, dass die Vermarktung des zweiten Abschnitts mit 11.600 Quadratmetern (die Lose 7 bis 9) zum Jahreswechsel beginnen wird, kündigt Pfeiffer an. Dort werde es noch mehr Gewerbe und auch Geschossbauten für Selbstnutzer geben. „Interessenten für eine solche Baugruppe können sich schon jetzt bei uns melden.“ Von den 16 bis 18 Stadthäusern, die in den Losen 6a bis 6c des ersten Vermarktungsabschnitts entstehen sollen, seien aktuell sechs verkauft und weitere reserviert. Stadt und Investoren hätten sich jüngst auf einen großen gemeinsamen Spielplatz geeinigt, der nördlich vom Los 7 errichtet wird. Für die Kita mit 105 Plätzen starte die LESG als Bauherr Anfang 2016 einen Gestaltungswettbewerb mit vier Architekturbüros.

Café und Freisitz an neuer Brücke

Bei der TOK Projektbau GmbH, die heute den Bauantrag einreicht, kosten die Eigentumswohnungen ab 2850 Euro pro Quadratmeter aufwärts. Laut Firmenchef Tilo Kalisch sind dabei inbegriffen ein Tiefgaragenstellplatz, Gartenanteil oder ­großer Balkon, trotz Fernwärmeanschluss noch ein Kamin und eine insgesamt ge­hobene Ausstattung. „Eine Vier-Raum-Wohnung mit 110 Quadratmetern und Garten landet so bei 340 000 Euro. Das sind keine Luxus-Preise“, betont er. Zumal eine Bauweise gemäß dem Energiestandard KfW 70 samt Gründach für niedrige Heizkosten bei den 22 Wohnungen in diesem modernen Gebäude sorgen würde. „Im Erdgeschoss, kurz vor der Brücke über den neuen Kanal, zieht noch ein Bäcker samt Café und Freisitz im Sommer ein“, so Kalisch.
Letzteres ist auch der Kommune besonders wichtig, ergänzt Gerkens. „Wir entwickeln den Hafen nicht nur, damit dort 500 neue Wohnungen entstehen. Er soll ebenso für alle Besucher ein einladender Ort mit hoher Lebensqualität, Angeboten für Sport und Erholung werden.“ Um noch mehr Leipziger auf den Hafen neugierig zu machen, würden den schon stattgefundenen Veranstaltungen wie einem Fotowettbewerb oder Sternenzelten für Familien bald weitere Attraktionen folgen.

Jens Rometsch

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 30.11.2015