„Abpfiff kurz vorm Anpfiff“

Zwei Jugendkicker des United F.C. werden heute nach Serbien abgeschoben – Artikel der LVZ vom 28.01.2015:

Didi Sefer, Co-Trainer der U15 vom Leipzig United F.C., überbrachte am vorigen Samstag die schockierende Nachricht. Die beiden Brüder Stefan und Damjan „Daco“ Ajdarevic müssen am heutigen Mittwoch das Land verlassen und zurück nach Serbien. Die Aufenthaltserlaubnis der beiden Roma wurde nicht verlängert. Damit verliert der Fußballverein nicht nur zwei gut integrierte, aufgeweckte und leistungswillige junge Menschen, sondern auch eine wichtige Konstante im Team. Beide spielten seit September 2013 in der Mannschaft und gehören damit zu den Gründungsmitgliedern. Stefan entwickelte sich zum zuverlässigen Außenverteidiger und Daco zu einem klassischen „Sechser“ mit viel Torgefahr. Nun die Abschiebung: Sie müssen mit ihrer Familie in ihr Herkunftsland zurück. Die Mannschaft reagierte mit Unverständnis.
Auch der Trainerstab musste sich sammeln. „Wir haben unsere Möglichkeiten ausgeschöpft, zahlreiche Telefonate geführt. Leider können wir nicht mehr unternehmen als den beiden und ihrer Familie alles Gute zu wünschen“, so Teammanager Philipp Bludovsky. Nach einer Sperrfrist könne die Familie wieder einen Asylantrag stellen. „Es ist einfach nur deprimierend und für ein reiches Land wie Deutschland beschämend“, sagt Bludovsky. Rund ein Drittel der United-Spieler komme vom Balkan. Ihnen drohe mit Blick auf die neuen Gesetze und die politische Großwetterlage vor allem in Sachsen ein ähnliches Schicksal. Peter Schön, sportlicher Leiter von United, ergänzt: „Die Jungs haben bei uns viel gelernt, auch für ihr Leben. Sie dürfen jetzt nicht verzagen und müssen weiter kämpfen wie auf dem Fußballplatz. United wird für die Jungs immer einen Platz frei halten.“
Trotz aller Umstände wurde über eine Absage des Spiels am kommenden Freitag in Markkleeberg nicht nachgedacht. Stellvertretend für die ganze Mannschaft betonte Kapitän Senat Kurtisov: „Wir kämpfen für unsere Freunde. Wir sind alle United, egal wo. Stefan und Daco werden immer ein Teil unseres Teams sein.“ Gleichzeitig beschlossen die Spieler, dass die Rückennummern von abgeschobenen Spielern nicht mehr vergeben werden. Die Nummern fünf und elf bleiben also jetzt in Serbien.

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 28.01.2015


Anmerkung:
Seit Frühjahr 2014 existiert das „Netzwerk Migration/Integration in Grünau“. Ziel dieses Netzwerkes ist es, zentrale Informationsplattform insbesondere für Einrichtungen (Kitas, Schulen) und Initiativen (Vereine, Netzwerke) in Grünau zu sein, die Fragen zum Thema „Migration“ haben, sich austauschen oder Projekte initiieren wollen. Es versteht sich also als Unterstützer für – nicht selten ehrenamtliche – Akteure, die sich um die aktive und tatsächliche Integration von Asylbewerber/innen und Migrant/innen bemühen. Wenn solche Bestrebungen und nachweislich erfolgreiche Aktivitäten für Integration keine Rolle bei der Entscheidungen über Abschiebungen spielen – wozu dann all diese Bemühungen ?


Lesen Sie dazu auch:

„Fussball als gemeinsame Sache“
Stadtteilmagazin „Grün-As“ 04/2014

„Wir unterstützen Nachwuchsfussball“
Interview mit Philipp Bludovsky (Vorsitzender Netzwerk blau-gelb e.V.) / Stadtteilmagazin „Grün-As“ 04/2014

„Grünau unterstützt Integrationsprojekt“
Pressemitteilung Netzwerk blau-gelb e.V. 01/2014