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„LVB lassen wieder Nacht-Straßenbahn durch Leipzig touren“

In Leipzig pulsiert das Leben an immer mehr Orten immer länger. Vor allem an den Wochenenden herrscht deshalb in vielen Nachtbussen Gedränge. Jetzt setzen die Leipziger Verkehrsbetriebe eine Straßenbahn ein, um dem Bedarf zu entsprechen.

Leipzig will für Nachtschwärmer und Frühaufsteher attraktiver werden: Das Verkehrsunternehmen der Stadt erweitert sein Angebot in den Nacht- und Morgenstunden. Ab 1. April wird jede Nacht eine Straßenbahn unterwegs sein. Auch die Routen der Nachtbusse werden fahrgast-freundlicher.


Der neue Nightliner wird ab 01.04.2018 jede Nacht zwischen Lausen und Paunsdorf unterwegs sein. Grafik: Patrick Moye


Zu DDR-Zeiten tourten fast alle Straßenbahnen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) auch nachts durch die Stadt. Doch als nach der Wende die Leipziger in hellen Scharen auf Autos umstiegen und die Einwohnerzahl wegen zahlreicher Wegzüge drastisch nach unten ging, standen in den Nachtstunden immer weniger Fahrgäste an den LVB-Haltestellen. 1998 war ein absoluter Tiefpunkt bei den Fahrgastzahlen erreicht – und das Straßenbahnangebot der LVB in der Nacht wurde komplett gestrichen. Stattdessen ließ das Unternehmen Nachtbusse rollen, die das Stadtgebiet in weiten Schleifen erschlossen – wer dort mitfuhr, war oft ewig unterwegs.

Als sich die Nachfrage wieder erhöhte, nahmen die LVB in den Nächten von Freitag zum Sonnabend und von Sonnabend zu Sonntag zusätzliche Nachtbusfahrten ins Angebot. 2015 wurden dann Nachtfahrten der Linie 10 eingeführt, die seitdem vom Hauptbahnhof über die Karli nach Lößnig verkehrt und hauptsächlich Partygäste aufnehmen soll. 2016 kam die Buslinie N60 hinzu, die von Lindenau und Plagwitz über die Karl-Liebknecht-Straße in Leipzigs östliche Vorstadt tourt. „Dieses Angebot wird sehr gut angenommen“, berichtet Holger Flache, Bereichsleiter für Verkehrsmanagement bei den LVB.

Während die Nightliner N10 und N60 nur an den Wochenenden verkehren, soll die neue Nachtstraßenbahn ab 1. April jede Nacht touren. Sie ist von 1 bis 5 Uhr mit der Bezeichnung „N17“ unterwegs – weil ihre Linie eine Kombination aus den Strecken der tagsüber verkehrenden Straßenbahnlinien 1 und 7 ist. „Die Route der N17 wird von Lausen über den Adler nach Schleußig, von dort zur Gottschedstraße und zum Hauptbahnhof führen“, skizziert Flache die neue Linie. „Dann geht es weiter nach Reudnitz, in die Dresdner Straße und bis nach Paunsdorf-Nord.“ Wochentags werde die Nachtstraßenbahn dreimal in jeder Richtung touren, in den Nächten am Freitag und Sonnabend fünfmal; wochentags würden zwei N17-Straßenbahnen eingesetzt, an den Wochenenden vier. „Sie werden in unseren Nachtknoten am Hauptbahnhof eingebunden, also dort immer um 1.11 Uhr, 2.22 Uhr und 3.33 Uhr halten“, so Flache. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen zusätzlich um 1.45 Uhr und 3 Uhr.

Attraktiver machen wollen die LVB ab 1. April zudem mehrere Nachtbuslinien. Bei ihnen werden die Schleifenfahrten zu kürzeren Strecken reduziert – die Fahrgäste sollen so künftig deutlich schneller an ihr Ziel kommen. So wird die N60, die nur an den Wochenenden verkehrt, in Plagwitz ihre Linienführung ändern – und künftig ab dem Bushof Lindenau über den Felsenkeller, den Adler, die Südvorstadt, den Bayerischen Bahnhof und die Lipsiusstraße fahren. „In der Karl-Heine-Straße hat sich rund um den Felsenkeller inzwischen eine kleine Partyszene entwickelt“, begründet Flache die Änderung.

Die Verkehrsbetriebe rechnen damit, dass es drei Jahre dauern könnte, bis sich das neue Angebot im Markt etabliert. „Vielleicht schaffen wir dann auch eine Kostendeckung“, denkt Flache laut nach. Primär für die LVB sei es aber, neue Fahrgäste zu gewinnen.

Dass dies gelingt, gilt intern als sicher. Leipzig sei schließlich keine verschlafene Stadt, das Nachtleben werde immer vielfältiger, heißt es. Wenn die Sperrstunde kippt, wie es der Stadtrat will (die LVZ berichtete gestern), werde dies noch schneller geschehen. „Vielleicht werden wir dann Schritt für Schritt noch weitere Straßenbahnlinien in der Nacht verkehren lassen“, meint der Experte. „Und mancher, der in der Nacht einsteigt, wird dann vielleicht auch tagsüber mit uns fahren.“

Andreas Tappert

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 02.03.2018