„Alter, sind das Bäume?“

Premiere von „Back to the Future“ im Kinder- und Jugendtheater Theatrium in Grünau
(LVZ vom 13.03.2020)

Drehen am Geschichtsrad: Die jungen Darsteller des Theatriums im Stück „Back to the Future.“
Foto: Constanze Burger

Endlich der Durchbruch – der Flughafen BER soll 2160 endlich fertig werden! Des weiteren beunruhigende Meldungen: Die 2. Europäische Union hat sich aufgelöst, außerdem ist die letzte Biene verstorben. Zukunftsmusik? Nachrichten im Jahr 2159 – und das aktualitätsgeladene Ausgangsszenario von „Back to the Future“, einer neuen Produktion des Kinder- und Jugendtheaters Theatrium in Grünau (Projektleitung: Falko Kopp und Joachim Kern).

Die Premiere am vergangenen Wochenende sorgte auch in Zeiten von Corona für ein rappelvolles Haus und rief sofort ins Gedächtnis: Wir haben auch noch andere Probleme zu bewältigen. Potenziert in die Zukunft, stehen nämlich Gesellschaft und Ökosystem vor dem Zusammenbruch. Privileg des Theaters, hier mit einem einfachen Kniff für Rettung zu sorgen: mittels Zeitmaschine! Über eine solche verfügen der Schlaukopf Bezog und sein treuherziger Freund Xamu, zudem über Mut und humanistische Ideale.

Die beiden wollen die Geschichte umschreiben, um den bevorstehenden Weltuntergang zu verhindern. Einziger Haken am dafür notwendigen Trip in die Vergangenheit: Die Maschine ist nicht wirklich steuerbar. Mit coolem Future-Streetstyle und Strobo-Effekt werden die beiden von einem historischen Setting ins nächste katapultiert und landen stets bei der Frage: „Wann sind wir?!“ Für Bezog, das Brain, ist es nicht schwer, das zu identifizieren, während er Xamu angesichts von harten Bildungslücken empfiehlt, mal ein Buch zu lesen. Neuland entdecken trotzdem beide: „Alter, sind das Bäume? Echte?“ Worte von Future-Kids, die mit einer Biosphäre „im Arsch“ leben müssen.

Von der ersten Station (Woodstock, wo nicht viel zu tun ist, außer – angesichts von Harmonie, Liebe und Joints – zu konstatieren: „Hier ist es echt noch in Ordnung!)“ geht es weiter durchs Spätmittelalter, die Französische Revolution oder den 30-jährigen Krieg. Zu den Mayas, zu Jesus und zur Friedlichen Revolution. Heldentat der beiden hier: Sie schreiben den „Fauxpas“ in Schabowskis Rede, der die Grenzöffnung initiiert. Geschichtsmanipulation rules! Jesus ermutigen sie, seine revolutionäre Bergpredigt zu halten. Dessen Reaktion: „Ihr wisst schon, dass man dafür gekreuzigt wird?“ Und Maria Magdalena zu Jesus, als sie vom zukünftigen Missbrauch seiner Lehre durch Machtgeilheit und Patriarchat hört: „Das wirst du aber schön zu verhindern wissen!“

Nicht zuletzt bringen Bezog und Xamu die Athener Philosophenschule auf den Geistesblitz, die Demokratie gleich als Wahlrecht aller Menschen zu konzipieren. Auch der Frauen und Sklaven. Ende vom Lied: Eine Blütezeit in den 1930er Jahren (das Zeitalter der Digitalisierung), und, back in der eigenen Future: Der Menschheit geht’s gut, die Nachrichten berichten vom generellen Verzicht auf privaten Flugverkehr und von der Aufnahme der Erde in die Intergalaktische Föderation. Raven zu „Freude schöner Götterfunken“. Dramaturgisch und technisch professionell in Szene gesetzt begeistern die talentierten Kids, Jugendlichen und älteren Semester. Witzig, spannend und auf angenehme Weise voller Moral und Idealismus bringt dieses Stück zum Nachdenken. Chapeau – auch dem Macherteam!

Weitere Infos und Vorstellungstermine unter www.theatrium-leipzig.de.