„Busse statt Doppelstockzüge“

Ab dem Morgengrauen des 30. April ist es dann ganz still auf der S-Bahn-Trasse in Grünau. Die S-Bahn-Linie 1 wird bis zur Eröffnung des Leipziger City-Tunnels eingestellt. Bis dahin sollen überwiegend Busse für Ersatz sorgen. Zum einen wird die Buslinie 80, die bisher zwischen Thekla und dem Bushof Lindenau verkehrt, als 80E durch Grünau bis Lausen verlängert.

Zum anderen wird die Quartiersbus-Linie 66, der Grünolino, dann im Halbstundentakt von zwei Bussen bedient. Und schließlich verkehren im Schülerverkehr Zusatzfahrten auf der Straßenbahnlinie 15.

Gegen die Stilllegung der S-Bahn-Linie 1 zwischen Grünau/Miltitzer Allee und dem Leipziger Hauptbahnhof hatte es bis zuletzt Proteste gegeben. Eine Grünauer Bürgerinitiative sammelte mehr als 5.000 Unterschriften für den Weiterbetrieb. Auch die Leipziger Kommunalpolitik forderte geschlossen Alternativen von der Staatsregierung ein. Denn die strich mit dem Landeshaushalt für 2011/2012 die Mittel für den Nahverkehr drastisch zusammen. Der Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) fügte sich in seiner Verbandsversammlung am 16. Februar 2011 in den engeren finanziellen Rahmen und beschloss die zeitweilige Stilllegung der S1 zum Betriebsschluss am 29. April 2011. Wenn alles nach dem jetzt gültigen Plan läuft, sind der Leipziger Citytunnel Mitte Dezember 2013 am Netz und die S1 wieder in Betrieb.

So muss für die nächsten, reichlich zweieinhalb Jahre Ersatz her. Diesen S-Bahn-Ersatzverkehr bestellte der ZVNL nun bei den Leipziger Verkehrsbetrieben. Deren Angebot steht am Betriebsbeginn des 30. April zur Verfügung. Diese alternativen Angebote im Detail vorzustellen, war Anliegen der Pressekonferenz am Dienstag.

Die Aussetzung der S1 ist ?kein Kind, wo die Stadt drauf hingearbeitet hat?, stellte Stephan Rausch, Abteilungsleiter im städtischen Verkehrs- und Tiefbauamt eingangs nochmals klar. Die befristete Einstellung nannte er ?eine bedauerliche Sache? und eine ?sehr missliche Situation?. Gleichwohl hätten sich die Stadtverwaltung als Aufgabenträger des Nahverkehrs und die Leipziger Verkehrsbetriebe auf die Situation eingestellt. Das Ergebnis liegt nun vor, ein Stadtratsbeschluss zu den Verkehrsleistungen zum befristeten S1-Ersatz wird noch erfolgen.

Für die Fahrgäste soll es lauf LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg einen ?nahtlosen Übergang am 30. April? geben. Dafür könne man die Ersatzangebote nicht genug kommunizieren, so der oberste LVB-Marketingchef.

Der LVB gehe es darum, für die S1 ein ?geeignetes Ersatzangebot? zu schaffen, erläuterte Holger Flache, bei den LVB verantwortlich für das Verkehrsmanagement. Da die Hauptaufgabe der S1 in der ?unschlagbar schnellen? Verbindung zwischen Grünau und den nordwestlichen und nördlichen Stadtteilen liege, wird die bestehende Buslinie 80 den Schwerpunkt der Ersatzleistungen realisieren. Denn der 80er Bus verkehrt in weiten Teilen parallel zur jetzigen S-Bahn, von Thekla über Gohlis, Möckern, Wahren und Leutzsch bis zum Bushof Lindenau.

Zur Aufnahme des Ersatzverkehrs wird die Buslinie 80 zum einen bis zum S-Bahnhof Plagwitz verlängert, der von der Stilllegung der S1 gleichfalls betroffen ist. Für die Erschließung von Grünau wird der 80er Bus um die Linie 80E ergänzt. So entsteht im bisherigen Kernbereich der Buslinie ein 10-Minuten-Takt.

Die Linie 80E wird Grünau von der Plautstraße über die Lyoner Straße, Schönauer Straße, Lützner Straße, Kiewer Straße, und Ratzelstraße bis zur Endstelle in Lausen erschließen. An der Plautstraße und in der Schönauer Straße werden zwei zusätzliche Haltestellen eingerichtet.

Mit der Linie 80E steht den Grünauern damit eine direkte Busverbindung im 20-Minuten-Takt Richtung Wahren, Möckern und Gohlis zur Verfügung, die am Wochenende im 30-Minuten-Takt verkehren wird. Für Holger Flache alles in allem ein ?erheblich erweitertes Angebot? mit einem ?sehr ansprechenden Takt?, wenn auch verbunden mit einer ?längeren Fahrzeit? von – je nach Fahrziel – 10 bis 15 Minuten.

Die neue Linie wird darüber hinaus an den Abenden und an den Wochenenden bis zum Wolkenweg in Lausen betrieben und den Verkehr der derzeitigen Linie 61 aufnehmen.

Den anderen Teil des Ersatzverkehrs wird die erst am 19. März 2011 in Betrieb genommene Quartiersbuslinie 66 schultern. Dazu wird dem von ortsansässigen Sponsoren finanzierten ?Grünolino? ein Bruder zur Seite gestellt. Dadurch wird die 66 in den bekannten Verkehrszeiten im Halbstundentakt den Rundkurs durch Grünau nehmen. Auf L-IZ-Nachfrage bekräftigte Ulf Middelberg erneut, dass dieser zweite Grünolino aus Mitteln des ZVNL finanziert wird. Die eingeworbenen Sponsorenmittel werden also auch weiterhin für den Ur-Grünolino eingesetzt.

Für die Verkehre zwischen Grünau und dem Stadtzentrum erachten die LVB die bestehenden Straßenbahnverbindungen für ausreichend. Nur im Schülerverkehr wird es zwischen Angerbrücke und Miltitz Verstärkerfahrten auf der Linie 15 geben.

Der Ersatzverkehr erfordert sieben zusätzliche Busse und einen weiteren Straßenbahnzug, die im Ersatzzeitraum die Beschäftigung von 17 zusätzlichen Fahrern ermöglichen.

Parallel zu den Ersatzverkehren für die S1 realisieren die LVB umfangreiche Modernisierungsarbeiten an der Stadtbahntrasse 15 in Grünau und Lindenau. So sind die bauvorbereitenden Maßnahmen an der Luisenbrücke am Übergang zwischen Grünau und Lindenau nicht mehr zu übersehen. Zudem wird die Lützner Straße ab dem 9. Mai 2011 in Lindenau gesperrt sein. Diese Vorhaben würden ?nicht ganz ohne Beeinflussung des Verkehrs in Grünau? sein, hieß es dazu von den LVB auf der Pressekonferenz. Die Lyoner Straße sei nach den Worten von Holger Flache aber so leistungsfähig, dass dort keine größeren Staus zu erwarten seien.