„Gutachten gibt grünes Licht“

Juristen bewerten Begehren der Markranstädter Bürgerinitiative „Pro Kulki“ als zulässig
Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 11.08.2011:

Der Stadtrat von Markranstädt wird heute über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden, das die Bürgerinitiative „Pro Kulki“ gegen die geplante Bebauung am Westufer des Kulkwitzer Sees im Juni eingereicht hat. Welche Empfehlung die Verwaltung den Räten geben wird, ist offiziell nicht bekannt. Die Bürgerinitiative hat mittlerweile aber bei einer Anwaltskanzlei ein Rechtsgutachten erstellen lassen. Ergebnis: Das Bürgerbegehren ist zulässig.
„Wir erwarten uns von dem Gutachten Klarheit darüber, wie wir rechtlich vorgehen können, und wollen die Stadträte darüber aufklären, dass die Vorlage nicht rechtens ist“, sagt Rosel Glöckner, Sprecherin der Initiative. Die Chance, das Schreiben den Markranstädter Abgeordneten, die am Dienstagabend im nicht-öffentlichen Ausschuss den Beschluss vorberaten haben, vorzulegen, gab es indes nicht, wie Stadtrat Hans-Jürgen Berg (Linke) berichtete. Das Gutachten, aus dem hervorgeht, dass die Stadtverwaltung die Ablehnung des Begehrens empfiehlt, geht auf acht Seiten auf die kritischen Punkte der Vorlage ein.
Als solche offenbaren sich Begrifflichkeiten wie das in der Fragestellung benutzte Wort „befürworten“. So heißt es in der juristischen Einschätzung: „Die erstaunliche Begründung der Beschlussvorlage, die Fragestellung ziele nicht auf die Herbeiführung eines Beschlusses ab, sondern beschränke sich auf einen Akt der Meinungsbildung, ist fernliegend und lebensfremd. Der Begriff stellt nichts anderes als eine Paraphrasierung des Wortes ‚dafür sein‘ dar.“ Es dürfte unstreitig sein, dass letztere Formulierung im Rahmen von Bürgerbegehren gängig sei.
Das Gutachten geht noch weiter: „Die übertrieben anmutende Missinterpretation des Begriffs ‚Befürworten‘ dürfte unseres Erachtens das Ergebnis einer rein zweckorientierten, auf die Ablehnung des Bürgerbegehrens gerichteten juristischen Prüfung sein.“ Weiter ist die Rede von Rabulistik, also Rechtsverdrehung.
Ebenfalls im Fokus: Der Kostendeckungvorschlag, von der Bürgerinitiative mit Null beziffert und von der Stadtverwaltung als falsch bewertet. So sei das städtische Argument des Verlustes von Pachteinnahmen weit hergeholt, schreiben die Anwälte. Die vom Bürgerbegehren gestellte Frage ziele eindeutig nicht darauf ab, die landwirtschaftlichen Flächen zu beseitigen. Das Wort Entwicklung beziehe sich auf die eigene Entwicklung der Flächen. Bei naturnahen Flächen sei das möglich. Dies sei auch nicht mit weiteren Kosten verbunden.
Abschließend stellt das Gutachten fest, dass das Begehren zulässig und ein entgegenstehender Beschluss des Stadtrates rechtswidrig wäre. Weiter heißt es: „Im Ergebnis steht fest, dass die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens mit hoher Wahrscheinlichkeit gerichtlich festgestellt werden würde, was nicht unerhebliche Kosten für die Stadt Markranstädt zur Folge haben könnte.“
Mittlerweile melden sich auch Leipziger Stadträte zu Wort. So geben Ilse Lauter (Linke), Heiko Bär (SPD) und Bert Sander (Grüne) als Mitglieder des Zweckverbandes Kulkwitzer See zu bedenken, dass an der nachhaltigen Entwicklung des Gewässers Bürger beider Städte Interesse haben. Schäden, die aus dem derzeitigen Bebauungsplan des Westufers hervorgehen könnten – Stichwort Einleitung und Wasserqualität – würden nicht nur die Markranstädter betreffen.
Zudem schreiben sie: „Wenn sich in kurzer Zeit mehr als 20 Prozent der Markranstädter in einem Begehren für einen Bürgerentscheid aussprechen, ist der Bürgerwille, über den Bebauungsplan selbst zu entscheiden, klar ersichtlich. Ein Stadtrat ist daher schlecht beraten, das aus formalen Gründen zu verweigern.“ Welche Entscheidung die Markranstädter Räte treffen werden, wird sich heute Abend [11.08.] zeigen.
Kerstin Leppich

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 11.08.2011


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