„Straßensozialarbeit für Alkoholkranke“

Stadtbezirksbeiräte für Weiterführung und räumliche Ausdehnung – Beitrag der Leipziger Internet Zeitung vom 10.09.2011:

Die Akteure vor Ort sprechen sich für das Projekt Straßensozialarbeit für Alkoholkranke aus. So stimmten die Stadtbezirksbeiräte West und Altwest in dieser Woche deutlich für die Weiterführung und räumliche Ausdehnung des Projekts. Und zwar ohne den Finanzierungsvorbehalt, den die Stadtverwaltung vorschlägt.

Das Projekt ?Von der Straße ins Leben ? Aufsuchende Hilfen für Alkoholkranke im öffentlichen Raum? überzeugt in Lindenau durch seinen Erfolg. So sehr, dass auch in anderen Stadtteilen nach diesem Angebot nachgefragt wird. Doch eine Finanzierung ist bislang nicht in Sicht. Und in Lindenau läuft die EU-Förderung spätestens im nächsten Mai aus.

Deshalb fordern die Grünen im Stadtrat die Fortführung des Angebots in städtischer Verantwortung und dessen Ausdehnung auf Grünau und den Leipziger Osten. In dieser Woche befanden die Stadtbezirksbeiräte West und Altwest darüber.

Für den Beschluss der Ausweitung des Projekts auf Grünau stark gemacht hat sich Grünen-Stadtchef Jürgen Kasek. Er ist zugleich Stadtbezirksbeirat in Grünau und stellte den Stadtratsantrag auf der Beiratssitzung am Montag vor.

?Gerade in Grünau ist das Thema Alkohol und Sicherheitsproblematik immer wieder diskutiert worden?, sagt Kasek zu L-IZ, ?insbesondere im Zentrumsbereich der Stuttgarter Allee gab und gibt es immer wieder Problemanzeigen von Bürgern.? Das vorliegende Projekt habe in Altwest ?eine ausgesprochen positive und sehr erfolgreiche Entwicklung? genommen, so Kasek weiter. Das Projekt könne das Sicherheitsempfinden der Bürger deutlich stärken und helfen, Belästigungen zu reduzieren. ?Auch für die Alkoholabhängigen ist die aufsuchende Straßensozialarbeit eine Möglichkeit, sich wieder ernsthaft mit einer Entgiftung auseinanderzusetzen?, argumentiert der Grüne.

Ohne Gegenstimmen befürworteten die Stadtteilvertreter in ihrer Sitzung im Freizeittreff ?Völkerfreundschaft? den Antrag. Für Uwe Walther, parteiloser Stadtbezirksbeirat auf dem Ticket der Linken, ist klar: ?Das Projekt ist zu befürworten, und auch, dass es ausgeweitet wird.? Es sei ?wichtig, dass man Leuten, die ein Problem haben, hilft?, so Walther weiter.

Zustimmung kommt auch von den Christdemokraten vor Ort. Die Ausweitung der Sozialarbeit auf Grünau ?geht aber nur mit Finanzierung und verwaltungsrechtlicher Zuständigkeit der Sozialarbeiter?, stellt Stadtbezirksbeirat und CDU-Ortsteilchef Andreas Habicht klar. Deshalb unterstütze die CDU Grünau den Antrag, ?denn das Problem muss gelöst werden?, so Habicht zur L-IZ.

Das sieht die CDU im Leipziger Rathaus im Prinzip auch so. Das Projekt ?hat offensichtlich und auch nach Aussage des Gesundheitsamtes eine Entspannung der Situation gebracht?, teilt der stellvertretende Fraktionsgeschäftsführer Gerd Sklaar auf Anfrage mit. Die Sozialexperten der Fraktion plädieren jedoch für die Haltung der Verwaltung mit einer ?etwas ergebnisoffeneren Prüfung?, wie es Sklaar nennt. Im Klartext: Wenn eine Finanzierung des Projekts aus Drittmitteln gelingt, findet es statt.

Vorsichtiges Verständnis für diese Haltung kommt von der SPD in Grünau. ?Übergreifend hätten wir uns eine deutlichere Positionierung und Fixierung der Stadt gewünscht?, sagt der Grünauer SPD-Beirat Peter Hütter. Auf Grund der städtischen Haushaltslage sei es jedoch verständlich, dass sich die Verwaltung ?nicht so binden lassen hat?. Gleichwohl erkenne aus Sicht von Hütter die Stadtverwaltung ?die sehr hohen Erfolge dieses Pilotprojektes? an. Sein Fazit: ?Wir gehen davon aus, dass dieses Projekt nun auf andere Stadtteile ausgeweitet wird.?

Linken-Beirat Thomas Naumann aus Altwest setzt sich jedoch für eine klare Regelung entsprechend der grünen Forderung ein. ?Damit die Arbeit auch nach dem Mai 2012 fortgesetzt werden kann, muss die Finanzierung durch Mittel der Stadt abgesichert werden?, sagt der Lindenauer. ?Und das langfristig, da die Arbeit der Sozialarbeiter eben nur langfristig Erfolge zeigen kann?, so Naumann weiter. So könne aus seiner Sicht für 2013 eine Verpflichtungsermächtigung der Stadt beschlossen werden. ?Das Modellprojekt überzeugt durch beeindruckende Ergebnisse?, begründet Naumann seine Haltung. So seien an den Trinkplätzen an der Georg-Schwarz-Straße/ Ecke Erich-Köhn-Straße sichtbare Fortschritte erzielt worden, etwa durch ?zahlreiche Vermittlungen in die Entgiftung?, so Naumann.

?Gute Sachen muss man politisch klar benennen?, findet auch SPD-Beirätin Eva Brackelmann aus Lindenau. Das habe der Stadtbezirksbeirat Altwest mit seiner Zustimmung zum Grünen-Antrag in dieser Woche getan. Auch die Sozialdemokratin spricht sich für die Fortführung des Projekts in städtischer Verantwortung ohne das Warten auf Drittmittel aus. ?Das ist ein sehr zielführendes Projekt mit guten Leuten, das muss man unterstützen?, so Brackelmann.

Gernot Borriss

Quelle: Leipziger Internet Zeitung vom 10.09.2011