„Grünauer Delfin liegt auf Eis“

Restaurierungsfirma aus Wilsdruff wartet auf grünes Licht für Nachguss der Brunnenfigur
LVZ vom 04.03.2015:

Die einst gestohlene Delfin-Skulptur am Fischbrunnen in der Alten Salzstraße – sie soll zurückkehren. Dies bestätigte kürzlich Juliana Pantzer, Gebietsverantwortliche für Grünau im Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, gegenüber der LVZ. Natürlich nicht in ihrer alten Form, sondern quasi als Jungbrunnen. Wann der Delfin wieder auftaucht, ist allerdings noch unklar.
„Die von Vandalen in viele Einzelteile zersägte Bronzefigur befindet sich bereits in unserer Werkstatt in Wilsdruff“, bestätigte Frank Hempel, Geschäftsführer des renommierten Restaurierungs-Unternehmens Ostmann und Hempel, auf Anfrage. Was aber noch fehle, sei der schriftliche Auftrag aus Leipzig, den Fisch wiederzubeleben. Aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer kam immerhin schon mal das Signal, dass die Ostmann und Hempel GmbH, die im Vorjahr den Mendebrunnen auf dem Augustusplatz aufwendig saniert hatte, sich auch des Grünauer Brunnen-Kleinodes annehmen solle. Es gebe weit und breit keine bessere Handwerksfirma für diesen Job.
„Es wird auf eine neu gegossene Figur hinauslaufen“, erläuterte Diplom-Metallrestaurator Uwe Ostmann, denn das Puzzle aus fast 20 mit einem Winkelschleifer abgezweigten Delfin-Stücken könne kaum wieder zusammengesetzt werden. Die nach wie vor unbekannten Diebe hatten ganze Arbeit geleistet, um das Kunstwerk auf einem Schrottplatz zu Geld zu machen.
Duplizität der Ereignisse: Schon in den 1980er Jahren trieben Buntmetalldiebe in Leipzig ihr Unwesen. In einer Nacht- und Nebelaktion stahlen Ganoven vom Mendebrunnen Teile des 1886 vom Münchner Bildhauer Jacob Ungerer nach dem Vorbild des römischen Trevi-Brunnens gestalteten Figuren-Ensembles. Das Entsetzen war groß. Die Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer musste schnellstens für Ersatz sorgen. Und als die neuen Meeres-Nymphen vor dem Gewandhaus eintrafen, gab es plötzlich einen bronzenen Delfin zu viel. Glücklicherweise arbeitete der Leipziger Bildhauer Otto Berndt Steffen zur gleichen Zeit an der Trinkbrunnenanlage im Grünauer Wohnkomplex 2. Was lag näher, als die elegant geschwungene zentnerschwere Skulptur in die etwa einen Meter hohe Natursteinarchitektur zu integrieren und das fertige Arrangement Fischbrunnen zu nennen.
Seit 1985 steht – besser: stand – dieser Blickfang unweit der Apotheke im Bereich Alte Salzstraße/Grünauer Allee. Vor Jahren dann das Unheil: Rigorose Diebe rissen den Bronze-Delfin aus seiner Verankerung und verschwanden mit der von vielen Grünauern geschätzten Figur. Ermittler gingen damals davon aus, dass die Tat mit Beschaffungskriminalität zusammenhänge. Im Herbst 2013 tauchte plötzlich der in ­viele Einzelteile zersägte Fisch in einem Recyclinghof wieder auf. „Die Polizei übergab uns das, was von dem Kunstwerk übrig war“, erläuterte René Handke, der im Amt für Stadtgrün und Gewässer für Leipzigs Brunnen zuständig ist. Zunächst habe man die Bruchstücke tatsächlich für Teile des Mendebrunnens gehalten. „Doch bald bemerkten wir, dass vor uns die Reste der schmerzlich vermissten Bronzefigur des Grünauer Brunnens lagen“, schilderte Handke.
Die auf der Schrotthalde gesicherten Überbleibsel des Delfins – immerhin die Zwillingsskulptur eines Details des Mendebrunnens – wurden im Amt für Stadtgrün und Gewässer verstaut, bevor sie nun ihre Reise nach Wilsdruff antraten. Dort liegen sie so lange auf Eis, bis die Finanzierung zur Wiederbelebung des Fisches im Leipziger Rathaus steht.

Günther Giessler

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 04.03.2015