Wie in letzter Sekunde ein Projekt für Kinder gerettet wurde (LVZ vom 16.12.2020)
Das Angebot vom Soziokulturzentrum Haus Steinstraße schien zu platzen: Wegen der ausbleibenden Lieferung von 600 Malkästen stand das Kalender-Projekt „WeihnachtsAllerlei“ vor dem Aus. Ein riesiger Zufall und das Engagement aller Beteiligten retteten die Aktion für 600 Kinder in Leipzig-Grünau.
Manche Geschichten sind schöner, als man sie sich ausdenken könnte. Das Soziokulturzentrum Haus Steinstraße kann davon gerade eine Hommage singen: Als die bestellte Lieferung von 600 Malkästen für ein Projekt platzte, sorgte eine Zufallsbegegnung für ein glückliches Ende – ein wahres Weihnachtsmärchen.
Steinstraße-Geschäftsführerin Ulrike Bernard war fassungslos, als sie von dem Desaster hörte: Für das interaktive Kalender-Projekt „WeihnachtsAllerlei“ waren die Malkästen für Materialbeutel eingeplant, die an Grünauer Kinder zum ersten Advent verteilt werden und zu kreativen Aktionen anregen sollten. Nur vier Tage zuvor meldete jedoch der beauftragte Versand auf Nachfrage: „600 Kästen können wir nicht liefern, aber 30 wären möglich.“
Zufallsbegegnung auf der Karli
Am Morgen danach, auf Bernards Fußweg zum Büro, passierte es: An der Kreuzung von Riemann- und Karl-Liebknecht-Straße zog ein Mann seinen Rollkoffer über den Asphalt – mit einem Malkasten unterm Arm. Bernard sprach ihn an und erfuhr: Als Vertreter von Faber-Castell hatte Sebastian Thiele einen Termin beim Schreibwaren-Laden Rothstift. „Ein faszinierender Zufall, der das Ganze gerettet hat“, freut sich die Chefin vom Haus Steinstraße.
Sie erzählte Thiele vom Dilemma ihres Kulturzentrums, und der kontaktierte seinen Arbeitgeber. Nach einigen Telefonaten und einem Gespräch mit Rothstift-Chef Manuel Roth gelang der Coup: Nur einen Tag später wurden die benötigten Kästen in den Laden an der Karli 14 geliefert – gerade noch rechtzeitig.
„Wir sind allen Beteiligten unendlich dankbar“, betont Bernard. In den verbleibenden zwei Tagen bestückten Ehrenamtliche und das Steinstraßen-Team im Akkord die Beutel mit den Farben, mit Perlen, Erdnüssen und anderen Utensilien für das „WeihnachtsAllerlei“. 600 Kindern – unter anderem in der Fröbelschule, der Ratzelschule und dem Kindergarten Knirpsenland – wurde damit ermöglicht, trotz der Corona-Bedingungen kreativ zu werden. Viele waren regelrecht überwältigt von dem Inhalt. „Schau mal, ein Malkasten, der nur mir gehört!“, wird ein Mädchen zitiert.
Ergänzend zu den Beuteln stellt das Haus Steinstraße seit dem 1. Dezember täglich Videos mit Anleitungen zum Basteln, gesundem Essen, Rhythmen-Bauen und mehr auf Youtube. „Die Resonanz ist umwerfend“, sagt Bernard. „Bei uns haben sich auch viele Erwachsene teilweise aus dem Ausland gemeldet, die begeistert mitmachen.“
Pakete für Kopf und Magen
Parallel dazu läuft eine weitere Aktion, die vor allem während der Corona-Zeit wirkt: Die Kindernothilfepakete des Deutschen Kinderhilfswerks werden vom Haus Steinstraße aufgestockt – neben gesunden Lebensmitteln von lokalen Händlern aus dem regionalen Anbau packen Ehrenamtliche Spiele, Rezepte, Ausmalbilder, Rätsel oder Bastelideen in die Überraschungsboxen.
Jede Woche werden so 60 Familien beliefert. Die Aktion „Proviant für Bauch und Kopf“ soll auch in Zukunft bedürftige Familien mindestens einmal im Monat unterstützen, um Ernährungsgewohnheiten positiv zu beeinflussen und die Kreativität zu stärken. Und falls mal die Farben ausgehen – Ulrike Bernard hat jetzt gute Kontakte.
Mark Daniel
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 16.12.2020