Zehn Klaviere im Freien zwischen Kulki und Lindenau

Wenn zwischen Kulkwitzer See und Karl-Heine-Straße zehn Klaviere herumstehen, auf denen jeder klimpern darf – dann sind wieder Tastentage in Leipzig. Zur vierten Ausgabe wird sogar ein Youtube-Star erwartet, der von Klavier zu Klavier tingeln will. (LVZ vom 27.08.2020)

Bei den ersten Leipziger Tastentagen 2017 entdeckte Mareike Möstel ihre Leidenschaft fürs Klavier. Diesmal spielt die Zwölfjährige sogar im offiziellen Programm. Quelle: Patrick Seifried

Was alles passieren kann, wenn man einfach nur in die Tasten haut, hat Thomas Krüger erlebt. Der junge Berliner ist seit einem Klavier-Flashmob am Pariser Flughafen von 2016 „Mr. Pianoman“: Mehr als 43 Millionen Menschen haben sich den entsprechenden Youtube-Clip angeschaut. Sein aktuelles Filmchen stammt aus Salzburg. Während der 29-Jährige einen Boogie Woogie klimpert, desinfiziert sich ein Mann mit grauem Bart zunächst seelenruhig die eigenen Hände. Danach jagen die beiden ihre Töne vierhändig über den Mozartplatz – sehr zur Freude der Passanten, die drumherum auf dem Boden sitzen und lauschen.

Wo Krüger das nächste Video aufnimmt, steht bereits fest: in Leipzig, bei den vierten Tastentagen, die am Samstag beginnen. Für gut zwei Wochen hat das Grünauer KOMM-Haus wieder zehn Klaviere ins Freie gestellt. Wer die Corona-Hygiene-Richtlinien einhält, darf jeweils zwischen 10 und 19 Uhr darauf spielen.

Mareike Möstel zum Beispiel, ein zwölfjähriges Mädchen aus Grünau. Die Premiere der Tastentage 2017 weckte ihre Leidenschaft für das Instrument. Vergangenes Jahr gewann die Schülerin den Nachwuchswettbewerb des Festivals und tritt jetzt erstmals im offiziellen Programm auf: am 1. September um 16 Uhr an Klavier Nummer 7 im Hundtschen Park.

Klaviere vom Kulkwitzer See bis nach Lindenau

„Es ist ein Festival zum Mitmachen“, sagt Projektleiter Patrick Seifried. „Die Leute freuen sich darauf.“ Denn einerseits lassen sich auf dem Klavier sogar ohne Vorkenntnisse rasch kleine Erfolge feiern. Andererseits ist das Instrument eher teuer und benötigt Platz in der Wohnung. Und Grünau ist zwar Leipzigs bevölkerungsreichster, aber nicht gerade reichster Stadtteil.

Vom Ufer des Kulkwitzer Sees bis zur Karl-Heine-Straße im Nachbarstadtteil Lindenau werden sich die zehn Klangkörper bis zum 13. September verteilen. Seifried hofft, dass die Menschen das Angebot so ausgiebig nutzen wie in den vergangenen Jahren – und appelliert gleichzeitig daran, wegen Corona auf Abstand und Hygiene zu achten. Zu den Terminen im Rahmenprogramm sollen die Zuschauer eigene Decken mitbringen.

Offene Klavierbühne am Lindenauer Hafen

Ein Poetry Slam eröffnet den Reigen am 29. August um 20 Uhr: Außer mehreren Dichtern wird Stummfilm-Pianist Richard Siedhoff im Amphitheater der Montessori-Schule erwartet. Am 5. September verwandelt sich der Lindenauer Hafen um 16 Uhr zur „Open Stage“. Am 8. September, 16.30 Uhr, führen die Organisten Lisa Hummel und Christian Groß an der Kita am Kirschberg den „Karneval der Tiere“ auf. Und am 12. September kommt schließlich „Mr. Pianoman“: Thomas Krüger hatte die Leipziger Organisatoren von sich aus gefragt, ob er dieses Jahr mitmachen und gleich auf mehreren Klavieren spielen darf.

Er darf: Um 16 Uhr wird er im Amphitheater loslegen und von dort weiterziehen. Bald danach sollen die mehr als 700 000 Abonnenten seines Youtube-Kanals erfahren, was alles passieren kann in Leipzig – wenn jemand einfach nur in die Tasten haut.

Standorte der zehn Klaviere: Kulkwitzer See, KOMM-Haus, Kolonnadengarten, Kita am Kirschberg, KiJu Grünau, Amphitheater, Hundtscher Park, Schönauer Park, Lindenauer Hafen, Karl-Heine-Straße

Mathias Wöbking

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 27.08.2020