Paddler haben es im Karl-Heine-Kanal kurz vorm Lindenauer Hafen schwer: Das Gewässer ist durch Algen und Schlingpflanzen, zugewachsen. Die Stadt will nun mit der Mahd beginnen. Diese könnte das Problem aber noch verstärken, sagen Kritiker. (LVZ vom 22.07.2019)
Es ist ein Prestigeprojekt der Wasserstadt Leipzig: Die Verbindung vom Karl-Heine-Kanal zum Lindenauer Hafen, in dessen Umfeld Wohnungen gebaut werden und sich inzwischen viele Menschen angesiedelt haben. Doch der neue Abschnitt des Karl-Heine-Kanals – ein künstlich angelegtes Gewässer – ist inzwischen so verkrautet, dass eine Fahrt mit dem Boot bis zum Hafen keinen Spaß mehr macht. Viele Paddler, Ruderer und Kanuten meiden den Abschnitt, weil sie einfach schlecht vorwärts kommen. Und auch das Leipzig-Boot hatte schon Havarien, büßte beispielsweise eine Schiffsschraube ein.
Das Amt für Amt für Stadtgrün und Gewässer hat nun am Montag angekündigt, dass die Entkrautung des Karl-Heine-Kanal am 31. Juli startet und die Algen entfernt werden. Der Verein Wasserstadt Leipzig, der auch das Wasserfest ausrichtet, plädiert für eine dauerhafte Lösung. Das Amt verweist jedoch auf Zwänge, die sich aus dem Naturschutz ergeben. Bootsverleiher betonen derweil, dass nur ein kleiner Abschnitt betroffen sei. Alle Rundfahrten finden statt.
„Trotz einer gewissen Mahd konnten wir seit Frühjahr nicht ungestört in den Hafen hinein“, sagt Sabine Heymann, die Vorsitzende des Vereins Wasserstadt Leipzig, der sich darum kümmert, einst von Industrieabwässern belastete Gewässer für den Wassertourismus und die Natur zurückzugewinnen.
Verein: Dauerhafte Lösung nötig
Momentan sind nicht nur Schlingpflanzen, sondern auch ein Algenzuwuchs in diesem Teil des Kanals das Problem. Wie ein grüner Teppich breiten sich die Algen aus, das kann auch für das Leben im Gewässer nicht zuträglich sein. „Es rudert und paddelt sich schwer – da wollen viele nicht mehr rein“, erklärt Heymann. Nur eine Schwanenfamilie fühlt sich dort wohl. Anwohner beschweren sich und haben zunehmend die Sorge, dass das Gewässer zu riechen anfängt. „Eine Mahd, bei der nichts entnommen wird, verstärkt das Problem nur“, sagt Heymann, die auch im Naturschutzbeirat sitzt.
Organische Stoffe, die wohl durch den Regenwasserabfluss aus Grünau nahe der Lützener Straße in den Kanal gelangen, verschärfen die Situation. Da müsse eine Lösung her, zumal die Kanalverbindung mit Fördermitteln aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium gebaut worden ist. Insgesamt hat die Stadt mehr als elf Millionen Euro investiert. Möglicherweise sei ein Filter nötig. „Ziel war es, eine für den Menschen nutzbare Wasserverbindung zu schaffen“, so die CDU-Abgeordnete. Natürlich sei es wünschenswert, dass Flora und Fauna in den Uferbereichen sich entwickeln. Sie habe im Naturschutzbeirat darum gebeten, externe Fachleute mit einer Untersuchung zu beauftragen, wie dort Wassertourismus und Natur zu vereinen sind.
Üppiges Wachstum setzt sich fort
Die Stadt will die Fadenalgen und Unterwasserpflanzen im Karl-Heine-Kanal zwischen Nonnenbrücke und Lindenauer Hafen nun ab 31. Juli mit einem Mähboot je nach Bedarf auf einer Breite zwischen 2,50 und 5 Metern entfernen. Dabei werden die Wasserpflanzen bis circa 1,6 Meter unterhalb der Wasseroberfläche abgemäht. Die anfallende Biomasse wird nach dem Schnitt aus dem Kanal entfernt. Das dauere voraussichtlich bis zum 14. August.
Eine signifikante Zunahme der Vegetation im Kanal sei im Gegensatz zum letzten Jahr aber nicht feststellbar, hieß es im Amt für Stadtgrün und Gewässer. „Das üppige Wachstum der Algen und Unterwasserpflanzen ist der warmen Witterung und der Verfügbarkeit von Nährstoffen geschuldet und fällt von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus“, erläutert Amtsleiter Rüdiger Dittmar. „Temperaturentwicklungen im Frühjahr und die Verfügbarkeit von Pflanzennährstoffen spielen dabei eine Rolle.“ Allerdings müsse aufgrund der zunehmenden Verbesserung der Wasserqualität davon ausgegangen werden, dass sich das üppige Wachstum der Unterwasserpflanzen fortsetzen wird.
Amt: Eingriffe so behutsam wie möglich
Das Mähen der Wasserpflanzen kann laut Stadtverwaltung nicht ad hoc und zu jeder Zeit erfolgen, weil die ökologischen Bedingungen zu Saisonstart von Jahr zu Jahr variieren. Vorab seien umfangreiche Abstimmungen mit der unteren Naturschutzbehörde notwendig, um den Eingriff in die Flora und Fauna so schonend wie möglich umzusetzen. „Die Stadt kann die Befahrbarkeit des Karl-Heine-Kanals nur unter Berücksichtigung der geltenden Bestimmungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz gewährleisten“, betont Amtsleiter Dittmar. Die Unterhaltungsmaßnahmen müssen dem Gesetz zufolge so minimal wie möglich gehalten werden, um gefährdete Arten zu schützen. So sei es untersagt, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wildlebender Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören – beispielsweise Libellen und Libellenlarven.
Mathias Orbeck