Generationsübergreifendes Theaterprojekt im Theatrium
Über Wut und Taubheit, Recht und Unrecht diskutierten die – überwiegend – jungen Leute des generationsübergreifenden Theaterprojektes P 13 am Freitagabend im Grünauer Theatrium. Unter dem Titel „… ja natürlich nur ironisch und nur so nebenbei/to live on Sugar Mountain“ entwarf Karsten Kriesel ein Projekt, das das politische Selbstverständnis der Jugendlichen reflektiert und die vorherrschende Bequemlichkeit der Erwachsenen kritisiert.
Aus einem bunten Mischmasch von Theaterstücken, Filmen, Parolen, Werbespots und Songtexten schusterte Kriesel ein ganzes Stück, in dem Fragen der Jugend formuliert und thematisiert werden. Diese reichen vom Konsumverhalten über Krieg und Kapitalismus bis zu dem Problem, wie man seine Wut über all die Ungerechtigkeit am besten verpackt.
Denn die Eltern haben die Kämpfe bereits gekämpft und gegen demokratische und empathische Erziehung lässt es sich nur schwer rebellieren.
Die ausgewählten Texte bilden einen wilden Mix der Popkultur aus den vergangenen 60 Jahren. Jeder der Zuschauer im vollen Saal erkennt die eine oder andere Textpassage wieder. Bertolt Brecht, William Shakespeare und Frank Wedekind finden sich plötzlich neben „Fight Club“ und „Trainspotting“.
Musikalisch geht es von den großen Hymnen der Jugendrebellion wie Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“ und „Hey Ho Let’s Go“ (Ramones) über deutsche Größen wie Element of Crime, Ton Steine Scherben und Die Ärzte zu aktuelleren Freigeistern. Kraftklub, Antilopengang und Pol1z1stensohn (Jan Böhmermann) empören sich nämlich so wie früher schon Pink Floyd und Metallica. Und zu „Fight For Your Right“ von den Beastie Boys gibt es sogar eine Kissenschlacht zwischen Publikum und Schauspielern („Seid ihr bereit für Randale?“).
Auf der Bühne stehen die Jugendlichen in bunter Alltagskleidung und Bandshirts. Rote Dreadlocks und lange Haare bei den Jungs fallen kaum noch auf – einst Zeichen der Rebellion, heute alltäglicher Anblick. Gespielt wird vor einem großen X, das immer wieder rot aufleuchtet und an ein X-förmiges Bühnengestell anschließt. Projektionen von Streetart und Demonstrationen spielen im Hintergrund, während die 13 Schauspieler beinahe durchgehend als komplettes Ensemble auf der Bühne stehen.
Nur eine der Schauspielerinnen hat ihre Teenagerjahre bereits hinter sich gelassen und erzählt in einem Monolog von generationsbedingten Unterschieden in Jugend und Erziehung: „Wir kämpften mit der geballten Wut! Und heute? Nichts mehr“, was Eltern, Kinder und auch diejenigen dazwischen ratlos macht.
Obwohl „alle Worte schon geschrieben und alle Helden schon tot“ sind, appelliert das Ensemble an die Vernunft und das politische und ethische Bewusstsein seiner Zuschauer. Vielleicht hat der eine oder andere seinen alten Kampfeswillen ja wiederentdeckt.
Tabea Burchgart
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 07.05.2018